„Der Leviten-Leser — Wie Joachim Gauck das Land verändern will“, titelt Der Spiegel. Am Sonnntag wurde der 72-jährige ehemalige DDR-Pastor zum Bundespräsidenten gewählt. Gauck, der im wiedervereinten Deutschland mit der Öffnung der Stasi-Archive berühmt wurde, wurde mit 991 von 1 240 Stimmen klar befürwortet. Das Hamburger Nachrichtenmagazin fragt sich nun, wie viel Einfluss der „Apostel der Freiheit“ im Amt wird.
Der neue Bundespräsident wird mit seinen Thesen zur Freiheit die Republik polarisieren. Anders als seine Vorgänger hat Joachim Gauck nicht vor, dem Zeitgeist zu huldigen. Damit wird er zwangsläufig zum Gegenspieler der Kanzlerin.
Der Spiegel, der Gaucks Kandidatur seit Juni 2010 unterstützt, sieht vor allem in Gaucks angenommenen Abweichen vom Zeitgeist ein spannendes Thema für die Bundesrepublik. Dass der künftige Präsident die Freiheit zu seinem Hauptthema macht, wird ihn „automatisch zu einem Herausforderer der Mehrheitsmeinung machen“, denn „Gerechtigkeit ist das große Thema der Deutschen, nicht Freiheit“.
Gemessen an dem ungewöhnlich großen Medienecho sind jedenfalls die Erwartungen an den nicht parteigebundenen Präsidenten, der die Bürger und die politische Klasse einander annähern möchte, sehr hoch.
Politiker ohne Parteibindung sind unterdessen offenbar auch nach dem Geschmack der Italiener. Nach einer von La Repubblica veröffentlichenUmfrage steigt der Wunsch nach einem „Präsidenten ohne Partei“. Trotz Spannungen bei der geplanten Arbeitsmarktreform vertrauen 60 Prozent der Befragten Mario Monti. Einen solchen Zuspruch hatte ein Ministerpräsident nur äußerst selten. Der gleiche Prozentsatz der Befragten hält auch „Technokraten“ für regierungsfähiger „Politiker-Experten“.