Ein Jahr später spaltet Smolensk die Polen

Veröffentlicht am 11 April 2011 um 10:03

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„Trauer und Verachtung“ betitelt Gazeta Wyborcza den ersten Jahrestag des Smolensker Flugzeugabsturzes im April 2010, bei dem der polnische Präsident Lech Kaczyński und weitere 95 Menschen starben. Die offiziellen Zeremonien, an denen der aktuelle Präsident Bronisław Komorowski und Regierungschef Donald Tusk teilnahmen, verschmähte Jarosław Kaczyński. Der Zwillingsbruder des verstorbenen Präsidenten und Vorsitzender der wichtigsten Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) versammelte sich dagegen mit tausenden PiS-Anhängern vor dem Präsidentenpalast. Während Komorowski von der notwendigen nationalen Aussöhnung sprach, beharrte Jarosław Kaczyński darauf, dass diejenigen, die das Land momentan regieren „nicht das Recht haben, im Namen Polens zu sprechen“.

Das ist „der Beginn des PiS-Wahlkampfes“, meint Gazeta Wyborcza mit Blick auf die im Herbst anstehenden Parlamentswahlen. Die Tageszeitung wirft Kaczyński vor, „bei seinem Versuch, die Macht wiederzuerlangen, auch vor dem Heiligsten keinen Halt zu machen“ und verurteilt seine Ansprache als „für Polen verachtungsvollste Rede seit Jahren“.

Indessen betont die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita, dass „die gesellschaftliche Einheit nicht auf einer von oben aufgedrückten Amnesie geschaffen werden kann“ und vielmehr auf Taten beruhen sollte, die „uns der Wahrheit über Smolensk näher bringen“. Für den von Dziennik Gazeta Prawna zitierten Soziologen Grzegorz Makowskiwird der tiefe Spalt, den der Flugzeugabsturz von Smolensl ausgelöst hat, nicht so bald wieder verschwinden. „Es handelt sich um konfliktgeladene unterschiedliche Denkarten und Ideologien – eine Art landesinterner Kreuzzug… der ein oder zwei Jahrzehnte andauern könnte.“

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