Seit Monaten führt La Repubblica einen erbitterten Zermürbungskrieg gegen Silvio Berlusconi, und nun lassen sich auf der einst so unzerstörbaren Maske der ewigen joie de vivre [Lebensfreude] die ersten Risse erkennen. Ihr letzter und übrigens sehr unangenehmer Streich: Die Veröffentlichung der Tonaufnahmen, welche das Edel-Callgirl Patrizia D'Addario während eines angeblichen Treffens mit dem italienischen Ministerpräsident gemacht hat. Umfragen haben ergeben, dass seine Zustimmungsrate seitdem in die Tiefe gesunken ist, dass christliche Kommentatoren ihre Augen gen Himmel erheben, und dass sich die ausländische Presse, wie beispielsweise Daniel Finkelstein der London Times, über Berlusconi ereifert, und seine Sünden mit denen Maos vergleicht. Seitdem hat der Cavaliere sich für einen Wechsel seiner Strategie entschieden. Er hält keine unvertretbaren Verteidigungsreden mehr, in denen er seine Unschuld beteuert, sondern gibt vielmehr zu: "Ich bin kein Heiliger. Das versteht Ihr doch alle." Begleitet wird dieses Geständnis von einem Augenzwinkern und einem Grinsen, welches er aus seiner scheinbar unerschöpflichen Vorratskammer an siegessicheren Gesichtsausdrücken kramt.
Allerdings belustigt das nur Wenige. "Der Mann Berlusconi steht jetzt vollkommen nackt da – der Ministerpräsident Berlusconi auch", straft die Leitartiklerin von Il Manifesto, Ida Dominijanni. Außerdem macht sie sich über die russische Tageszeitung Prawda lustig, die sich schnellstens darum kümmert, Wladimir Putins Freund zu verteidigen, indem sie versucht, ihn als "echten Mann" und "sanftmütigen Ritter" hinzustellen. "Für Berlusconi ist ein persönlicher Fehltritt auch einer für sein politisches Image, weil Politik für ihn eben gerade eine Frage von Image ist. Aus der Demokratie hat er eine Reality-Show gemacht, und die Staatsbürger zu ihrem Publikum gemacht." Daher schlussfolgert sie: "Jetzt, wo dieser Kreislauf in die Brüche gegangen ist, werden die Dinge nie wieder so sein, wie sie einmal waren".
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