Unter dem Titel „Das Gesicht der Krise” kommentiert die Welt am Sonntag das häufigste deutsche „Cover Girl” der letzten Jahre: Angela Merkel.
Schon vor ihrer Veröffentlichung am 10. August war die Titelgeschichte des britischen Magazins Economist „ein Scoop“, schreibt die Berliner Zeitung. Ähnlich verhielt es sich bei den zahlreichen Merkel-Titelseiten der Newsweek, des New Statesman (Terminator) oder der Time. In den spanischen und polnischen Medien wird die Kanzlerin gerne als Domina, in Griechenland als Nazi abgebildet. Während The Economist also ein weiteres Mal über die Kanzlerin spottete, freute sich Der Spiegel über einen seiner bestverkauften Titel — zum 50. Todestag von Hermann Hesse. „Merkel sells — in Deutschland aber nicht”, stellt die Welt am Sonntag fest:
Unglaublich, aber wahr: Während der gesamten Euro-Krise hatten die deutschen Magazine kein Titelbild über die Kanzlerin im Zentrum des Sturms. Historiker, die in späteren Jahren zur Mentalitätsgeschichte der europäischen Einigung forschen, werden sich in den Archiven wundern: Die Deutschen kauften in der Krise Hefte mit Titeln über Einbrecher oder Hundetrainer.
Dass sich politische Titel in Deutschland schlecht verkaufen, reicht als Erklärung nicht aus. Glaubt man der „in warmen Farben gehaltenen Freundlichkeit” des Merkel-Covers des Süddeutschen-Magazins, geht es um die Sicht der Deutschen auf ihre Kanzlerin.
Die Geschichte porträtiert sie wie eine Art fernes Familienmitglied mit einem interessanten Job - und nicht wie eine Kanzlerin in einer dramatischen Schicksalsstunde ihres Kontinents. Merkel passt das. Sie glaubt, dass sie ihre Arbeit am besten tun kann, wenn das deutsche Volk nicht so genau dabei zuschaut. [...] Sie hat wohl recht damit: Die Deutschen glauben, dass Merkel die Richtige in der Krise ist. Aber genau hinschauen, um das zu prüfen, wollen sie eben nicht.