Airbus, König der Lüfte

Durch den A380 hat das europäische Konsortium seinen amerikanischen Rivalen Boeing im Bereich der Großraumflugzeuge übertrumpft. Ein Vorsprung, der sich in den Vereinigten Staaten selbst noch bestätigen muss.

Veröffentlicht am 16 September 2010

Während der Berliner Luftfahrtmesse [im vergangenen Juni] kündigte die Fluggesellschaft Emirates den Kauf von 90 A380-Maschinen an. Dieser Vertrag über eine Summe von mehr als 30 Milliarden Dollar besiegelt den Erfolg des größten Linienflugzeugs der Welt und stellt den Marktvorreiter der letzten 40 Jahre, die Boeing 747, in den Schatten.

Das europäische Konsortium erwartete diesen Erfolg seit Anfang der 90er Jahre, als in den Airbus-Büros in Toulouse beschlossen wurde, eine gewaltige Maschine (mit einem Startgewicht von 650 Tonnen inklusive Kraftstoff) für den Transport von bis zu 800 Passagieren zu bauen.

Die Fachwelt prophezeite dem Super-Jumbo-Jet ein ähnliches Schicksal wie der Concorde: Airbuswerde sein technologisches Schmuckstück nicht in einen kommerziellen Erfolg umsetzen könnte.Dabei steht Airbus heute kurz davor, den Skeptikern das Gegenteil zu beweisen. Nach dem spektakulären Auftrag von Emirates Airlines hat das Konsortium nun 234 Maschinen in Auftrag, die jeweils, je nach Ausstattung, zwischen 330 und 400 Millionen Dollar kosten.

Ein schmerzliche Niederlage für Boeing

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Experten zufolge muss Airbus nach seiner 20-Milliarden-Euro-Investition mindestens 300 Maschinen verkaufen, damit das Projekt Gewinne abwirft. Wenn es gelingt, alle großen Fluggesellschaften der Welt mit der A380 auszurüsten, dann wird das eine bittere Niederlage für den amerikanischen Rivalen. Boeingwird nicht mit einem eigenen Superjumbo kontern, da der Markt für zwei derartige Maschinen nicht groß genug ist. Somit dürfte Airbus im Bereich der Großraumflugzeuge für mehrere Jahrzehnte eine vorherrschende Stellung beziehen – das meint zumindest Murdo Morrison, Chefredakteur der Fachzeitschrift Flight International.

Die A380 überflügelt die Konkurrenz vor allem durch ihre Betriebskosten. Das voll besetzte Flugzeug verbraucht je Passagier keine 3 Liter/100 km, im Vergleich zu 5 Liter/100 km bei den anderen Großraumflugzeugen. Diese guten Ergebnisse liegen vor allem am verminderten Gewicht der A380. Soweit möglich wurden Aluminiumteile durch leichtere Verbundwerkstoffe ersetzt. Mit der Explosion der Kraftstoffpreise sind niedrigere Betriebskosten ein wesentlicher Faktor bei der Entscheidung für ein Flugzeug. Auf der Strecke Paris-New York hat Air France bereits zwei kleinere Maschinen durch eine A380 ersetzt und spart somit täglich 8 Millionen Euro.

"Kein Sex, bitte", erinnert Airbus seine Passagiere

Dabei ist es nicht immer einfach, genügend Passagiere für eine bestimmte Strecke aufzutreiben. Um die Reisenden zum Flug im Superjumbo zu ermutigen, haben sich viele Fluglinien für eine individualisierte Kabinenausstattung entschlossen. Singapore Airlines etwa ließ die Anzahl von Sitzen in der Economy Class begrenzen und dafür kleine Privaträume für die Passagiere an den teuersten Plätzen einrichten. Dort sind die Betten so breit und intim, dass die Kunden erinnert werden müssen: „Kein Sex, bitte“

Air France bietet seinen Passagieren in der Business Class eine elektronische Kunstgalerie an. Emirates wiederum wählte einen anderen Anreiz: In dieser Version des Superjumbo sind für die Passagiere der ersten Klasse Duschkabinen vorgesehen. Selbst die Passagiere der Economy Class bekommen ihren Teil des Luxus ab: Die Sitzbreite in der A380 beträgt 48 cm, 4 cm mehr als in einer Boeing 747.

Letztere verliert das Duell in der Business Class gänzlich, weil sich der Airbus-Passagier in einem 86 cm breiten Sitz räkeln darf. Kein anderes Langstreckenflugzeug der Welt bietet seinen Kunden so viel Sitzraum. "Nur etwa ein Dutzend Fluggesellschaften haben Linienflüge für die längsten Strecken, wie etwa London-Sydney, im Programm. Der Kunde sucht sich dann diejenige aus, die ihm den meisten Komfort bietet. Keine Fluggesellschaft kann sich langfristig erlauben, den Luxusfaktor zu vernachlässigen“, versichert John Greensham vom Londoner Institut Ascend Worldwide, das auf die Analyse des Luftfahrtmarkts spezialisiert ist.

Aus seiner Sicht ist dies auch einer der Hauptgründe für den Auftragsrückgang für die Boeing 747, seitdem die A380 im Jahr 2007 auf den Markt kam. In den 70er und 80er Jahren lieferte Boeing jährlich zwischen 50 und 70 Maschinen, doch 2008 war diese Zahl auf 14 gesunken, 2009 auf acht und dieses Jahr auf null.

Aber das europäische Konsortium muss noch zwei Herausfoderungen meistern: Bis heute hat noch keine der amerikanischen Fluggesellschaften, die doch schon kleinere Airbus-Modelle gekauft hatten, den Superjumbo bestellt. Und auch unter japanischer Flagge fliegt noch keine A380.

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