Banker gegen Banker

Brüssels Finanzlobby scheint übermächtig. Seit dem Crash von Lehman Brothers im Jahr 2008, hat sie alle Versuche, den Finanzmarkt in Europa zu reformieren, abgewürgt. Aber das sollte sich bald ändern: Europa hat eine Anti-Lobby geschaffen.

Veröffentlicht am 23 Februar 2012 um 15:38

Joost Mulder kennt alle Tricks. Fünf Jahre lang hat der smarte Niederländer für US-Investmentbanken und andere Finanzinstitute die Brüsseler Gesetzgebungsmaschine bearbeitet. Das politische Spiel im Geflecht aus EU-Kommission, Parlament und Ministerräten der 27 Regierungen ist sein Beruf. Viersprachig und mit allen bekannt bewegt sich der 31-Jährige geschmeidig auf dem Brüsseler Politik-Basar – ein Lobbyist aus dem Bilderbuch.

Mal würgten er und seine Kollegen Gesetzesinitiativen ab, indem sie Kommissare verschiedener Nationalität gegeneinander ausspielten. Mal beschaffte er von Beamten der EU-Zentrale brisante Verordnungen schon im ersten Entwurfsstadium, um rechtzeitig einen Strom von Einsprüchen aus vielen scheinbar unabhängigen Quellen zu organisieren. Und wenn ein unliebsamer Paragraf weder bei der EU-Kommission noch im Parlament zu verhindern war, dann galt es eben eine Blockade-Minderheit im Rat zu organisieren und dafür die persönlichen Assistenten einiger Minister zu gewinnen.

“Geben Sie mir 10.000 Euro Honorar und ich sorge dafür, dass Ihre Position im Ministerrat ein Thema wird, versprechen Lobbyisten ihren Kunden gern”, sagt Mulder – und lässt erkennen, wie er und seine Zunft dafür sorgten, dass die so oft angekündigten Finanzmarktreformen auch bald dreieinhalb Jahre nach dem Lehman-Crash wenig gegen die Risikogeschäfte der Banken und Fonds zulasten der übrigen Wirtschaft gebracht haben. Lesen Sie den ganzen Text auf der Website des Tagesspiegel...

Interview

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Pascal Canfin, der Feind der Finanzwelt

“Schluss mit der arroganten Hochfinanz”, lautet das Ziel von Finance Watch, schreibt Télérama. Die Wochenzeitung hat den Gründer dieser NGO, den EU-Abgeordneten Pascal Canfin interviewt. “Ich bin stolz darauf, Finance Watch gegründet zu haben”, erklärt der französische Grüne, überzeugt, dass

ein Gegengewicht zur unglaublichen Macht der Banken-Lobbys absolut notwendig ist. Die NGP versteht sich als “partei-übergreifend”, denn die Zivilgesellschaft reagiert nicht auf die Appelle einer einzigen Partei, schon gar nicht einer kleinen wie die französischen Grünen. Zudem werden, im Gegensatz zur französischen Staatversammlung, die EU-Abgeordneten nach Proportionalwahlrecht gewählt; es gibt keine automatischen Mehr- oder Minderheiten. Jeder einzelne Gesetzestext muss seine eigene Mehrheit finden. Ich persönlich verhandele immer hart, und wenn das Resultat insgesamt zufriedenstellend ist, stimme ich dem Text zu.

Laut Canfin haben es die Länder 2008 und 2009 — “als die Banken am Boden lagen” — versäumt, den Bankensektor zu reformieren. Für ihn hängt

der Wandel in Europa zwangsläufig von zwei Machtwechseln ab: in Frankreich 2012 und in Deutschland 2013.

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