Von links nach rechts und oben nach unten: Gigi Becali, Alina Lebedeva, Dieudonné, Emanuel Philibert von Savoyen, Elena Băsescu, Barbara Matera, Declan Ganley, Alessandra Mussolini, Krzystof Holowczyc.

Das große Casting

Schauspielerinnen, Prinzen, Models, Präsidententöchter, antisemitische Komiker... kleine Präsentation der "Euro-Trash"-Kandidaten der Wahlen 2009.

Veröffentlicht am 22 Mai 2009 um 09:58
Von links nach rechts und oben nach unten: Gigi Becali, Alina Lebedeva, Dieudonné, Emanuel Philibert von Savoyen, Elena Băsescu, Barbara Matera, Declan Ganley, Alessandra Mussolini, Krzystof Holowczyc.

Die Europawahl am 7. Juni findet in einem schwierigen Kontext statt, nämlich der schlimmsten Rezession seit 1930. Seltsamerweise schlug sich das Bedürfnis nach neuen Köpfen im Europäischen Parlament in Straßburg unter anderem in der Aufstellung von Kandidaten nieder, für die Politik bestenfalls ein Zeitvertreib zu sein scheint.

Die 24-jährige Alina Lebedeva, eine russischstämmige Lettin, die auf der Liste der"Partei für das Vaterland" steht, wurde 2001 dafür berühmt, dass sie als Protestzeichen gegen den Krieg in Afghanistan Prinz Charles bei seinem Rigabesuch rote Nelken ins Gesicht warf. Ganz oben auf der Liste der ungarischen Sozialisten steht Kinga Göncz, die Tochter des Ex-Staatschefs Árpád Göncz. In Rumänien ist es sogar die jüngste Tochter des Präsidenten selbst, Elena Băsescu, die als unabhängige Kandidatin antritt. In der rumänischen Zeitung Cotidianul schreibt eine polnische Journalistin, dass die Polen "die Nase voll haben von solchen Personen wie eurer Präsidententochter". Allerdings zählten 2004 zu den polnischen Kandidaten der Astronaut Miroslaw Hermaszewski, sowie zwei ehemalige Teilnehmer von Reality-Fernsehsendungen. Letztes Jahr wurde Krzystof Holowczyc, ein ehemaliger polnischer Rallyepilot, europäischer Abgeordneter.

Nachdem die Nichte des Diktators Mussolini, Alessandra, ins Parlament geschickt wurde, sollen die Italiener nun für den Neffen des letzten Königs Italiens stimmen, Emanuel Philibert von Savoyen. Seine Argumente: "Ich spreche fünf Fremdsprachen. Ich kenne die Hälfte der derzeitigen europäischen Staatschefs und mit der anderen Hälfte bin ich verwandt". Straßburg zieht auch die Euroskeptiker und die Rechtsextremisten an. Corneliu Vadim Tudor, Präsident der rechtsextremistischen rumänischen Partei "România Mare" (Partei Großrumänien) lässt sich dieses Jahr aufstellen, gefolgt von Gigi Becali, Chef des Bukarester Fußballvereins CSA Steaua. In Frankreich ist es Dieudonné, ein antizionistischer Komiker, der für die Wahl antritt. Als Kind einer französischen Mutter und eines Vaters aus Kamerun behauptet er, dass er nicht antisemitisch sei, sondern lediglich gegen die "einflussreiche zionistische Lobby" ankämpfe. 2007 musste er ein Bußgeld von 7000 Euro zahlen, nachdem er den Juden vorgeworfen hatte, sie würden mit dem seiner Meinung nach übertrieben häufig herauf beschwörten Holocaust "Gedächtnis-Pornographie" betreiben.

Der niederländische Politiker Geert Wilders seinerseits kämpft heute für den Ausschluss Rumäniens und Bulgariens aus der europäischen Union und gegen jegliche Verhandlungen mit der Türkei, nachdem er den Zorn der Muslime als Produzent eines Kurzfilms gegen den Islamismus auf sich gezogen hatte. Was die Iren betrifft, so ist ihr "Euro-bizarrer" Kandidat der Millionär Declan Ganlay, der gegen den Vertrag von Lissabon ins Feld zog und die euroskeptische Partei Libertas gründete. Und in England lässt sich das Wahlprogramm der UKIP (Partei für die Unabhängigkeit Großbritanniens) wie folgt zusammen fassen: "Wir zahlen täglich 40 Millionen Pfund, um Mitglied der EU zu sein. Wir können es uns nicht mehr leisten, unser Geld zu verschwenden."

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Auf dem Weg zur Wahl treffen wir auch auf eine Gruppe schwedischer Piraten. Die 2006 gegründete Partei der Schwedischen Piraten hat den Gesetzen zum Schutz des Urheberrechts den Krieg angesagt. Ihre Popularität wuchs, nachdem vier Schweden wegen illegalen Herunterladens aus dem Internet verhaftet wurden. Zudem fordern sie eine Änderung der Gesetzgebung bezüglich der Online-Datenbanken. Und zu guter Letzt hat der selbst betitelte "Jesus der italienischen Politik" Silvio Berlusconi vier junge Damen aus der Unterhaltungsindustrie auf seine Vorliste gesetzt. Selbst Veronica Lario, Gattin des Staatschefs, war über "Berlusconis Harem" empört, wie sich die italienische Presse ausdrückte. Die Seifenoper dieser Kandidaturen endete schließlich mit der Beibehaltung einer einzigen Kandidatin: dem 28-jährigen ehemaligen Model Barbara Matera.

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