Das Konto, das Hollande gefährlich wird

Veröffentlicht am 3 April 2013 um 15:40

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„Unwürdig“, schimpft Libération nach dem Geständnis von Jérôme Cahuzac. Am 2. April, nach mehreren Monaten des Abstreitens, sogar vor der Nationalversammlung, gab der französische Haushaltsminister zu, ein Bankkonto mit 600.000 Euro im Ausland zu besitzen. Er steht nun wegen Steuerbetruges unter Anklage.

Jérôme Cahuzac war am 19. März zurückgetreten, nachdem ein Verfahren gegen ihn eingeleitet worden war. Seit Dezember 2012 beteuerte Mediapart, er habe ein Konto in der Schweiz besessen. Heute fragt die Nachrichten-Website: „Ein Geständnis und dann?“ Denn mehrere Fragen bleiben noch offen:

Wieviel Geld ging wirklich über die Schwarzkonten des ehemaligen Ministers? Woher kam es [...]? Und eine andere, politisch explosive Frage: Worüber genau wussten der Staatspräsident und der Ministerpräsident nach den ersten Enthüllungen von Mediapart Bescheid?

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Für Libération ist die Affäre...

mehr noch als eine Blamage, eine Schande! Mit seinen Verheimlichungen und Lügen hat Jérôme Cahuzac nicht nur seine eigene Ehre beschmutzt. Er hat Schmach über seine Handlungen gebracht, das politische Wort diskreditiert und Zweifel über die Autorität des Staatschefs geweckt. [...] Jérôme Cahuzac hat der „mustergültigen Republik“, die François Hollande versprochen hatte, zweifellos einen fatalen Schlag versetzt.

Im rechten Lager sieht Le Figaro trotz der Verurteilung des „unverzeihlichen moralischen Fehltritts“ durch Staatspräsident Hollande „verheerende Auswirkungen“ für diesen voraus:

Ein beachtlicher Teil der Franzosen ist bereits der Ansicht, dass er es während seiner Kampagne mit der Wahrheit nicht so genau genommen hat. Und die Umfragen zeigen heute, dass sie nicht mehr auf ihn hören, wenn er seine Zielsetzungen für 2013 und später erwähnt. Die Arbeitslosenkurve soll sich bis Ende des Jahres umkehren? Wer kann daran glauben, und glaubt er es denn selbst? Wenn es so weitergeht, kommt noch der Tag, an dem ihm manche vorwerfen werden, die Franzosen systematisch anzulügen [...].

Für Le Monde leitet das Geständnis von Jérôme Cahuzac sogar „eine demokratische Krise“ ein:

Zur wirtschaftlichen und sozialen Krise, in der Frankreich steckt, zum seit Kurzem verderblich gewordenen politischen Klima gesellt sich nun eine tiefe demokratische Krise, so groß ist der Bruch des elementaren gegenseitigen Vertrauens zwischen dem Volk und denen, die es regieren. Es liegt heute in der Verantwortung der Staatspräsidenten, darauf zu antworten.

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