Das Rätsel um die „Lagarde-Liste“

Veröffentlicht am 29 Oktober 2012

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Mit der Veröffentlichung der „Lagarde-Liste“ hat das Wochenmagazin Hot Doc einen „Taifun“ ausgelöst, meint die Tageszeitung Dimokratia. Auf der nach der ehemaligen französischen Finanzministerin und Erstbesitzerin der Liste, Christine Lagarde, benannten Liste stehen die Namen von 2059 wohlhabenden, darunter auch prominenten Griechen, die ihr Geld auf Schweizer Konten angelegt haben. Ein Angestellter der Bank HSBC hatte die Liste der französischen Finanzministerin zugespielt, die sie wiederum 2010 an Griechenlands Regierung übergab. Dort zog sie bis heute keinerlei Folgen nach sich.

Dimokratia recherchiert nun, wie es dazu kam, dass die Liste jahrelang ignoriert werden konnte. Der ehemalige Finanzminister Giorgos Papakonstantinou beteuert, vergessen zu haben, wem er die Liste gegeben hat. Sein Nachfolger Evangelos Venizelos erklärt, die Liste verloren zu haben. „Warum eine solche Geheimniskrämerei? Wem nützt das etwas?“, fragt sich die Zeitung, laut der nun „der Weg für einen parlamentarischen Sonderausschuss frei ist, der die Vorwürfe gegen Papakonstantinou überprüfen soll“.

In der Zwischenzeit wird einzig und allein gegen den Chefredakteur von Hot Doc, Kostas Vaxevanis, ermittelt. Am 28. Oktober wurde der zunächst wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts verhaftete Journalist wieder freigelassen. Am heutigen 29. Oktober soll er einem Gericht in Athen vorgeführt werden. Vermutlich erklärt das die Zurückhaltung der griechischen Presse. „Die in Schweigen gehüllte Lagarde-Liste“, raunt To Ethnos und bleibt skeptisch:

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Der Hot Doc-Journalist und Chefredakteur hat die Liste der Griechen veröffentlicht, die ein Konto bei der HSBC-Bank in der Schweiz haben und Steuern hinterziehen. Er hat nicht preisgegeben, wie viel Geld auf diesen Konten liegt, sondern nur die Namen veröffentlicht und versichert, dass es sich um die echte Liste handelt. Ist es aber wirklich die Liste, welche die ehemalige französische Finanzministerin Christine Lagarde 2010 an ihre griechischen Kollegen weitergab? Auf der Liste stehen die Namen von Reederei-Unternehmern, Industriellen, Studenten, usw. Man wird überprüfen müssen, ob die Beträge auch wirklich den Namen zugeordnet werden können. Der Chefredakteur wurde im Rahmen der laufenden Ermittlungen verhaftet. Schon bald aber werden sich Politiker aus Parlaments- und Regierungskreisen äußern müssen.

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