„Eine Dokumentation über die Krise“. Das Filmplakat zu „Debtocracy“

„Debtocracy“ oder die Wut über die Krise

Eine übers Internet verbreitete Reportage schildert die Geschichte der griechischen Schuldenkrise und macht die Verantwortung der Politiker deutlich. Debtocracy ist ein militanter Film, der eine große Debatte auslöste.

Veröffentlicht am 26 April 2011 um 16:13
„Eine Dokumentation über die Krise“. Das Filmplakat zu „Debtocracy“

Alle Welt im Internet spricht über „Debtocracy“, einen Dokumentarfilm der Journalisten Katerina Kitidi und Ari Hatzistefanou über die Griechenlandkrise. Diesen haben sie aus ihrer eigenen Tasche und mit Spenden einiger Freunde finanziert und kostenlos auf debtocracy.gr. zur Verfügung gestellt. In den ersten 10 Tagen wurde er schon knappe 600 000 Mal angeschaut. Jeden Tag tauschen Anhänger und Gegner des Dokumentarfilms ihre Ansichten auf Facebook, Twitter oder auf diversen Blogs aus.

Die Hauptakteure der Reportage (ungefähr 200 Personen) haben einen Antrag auf Erstellung eines internationalen Prüfungsausschusses unterschrieben, der die Gründe für eine Staatsverschuldung deutlich machen und die dafür Verantwortlichen verurteilen soll. In diesem Fall hätte Griechenland das Recht, die Rückzahlung seiner „ungerechtfertigten Schulden“ zu verweigern, das heißt der Schulden, die durch Korruption und gegen die Interessen der Gesellschaft entstanden sind.

Debtocracy ist eine politische Aktion. Der Film bietet einen Blick auf das, was Griechenland an den Rand des Abgrunds getrieben hat. Die Meinungen dazu gehen alle ausnahmslos in dieselbe Richtung. Die Autoren haben diese Perspektive bewusst gewählt und zeigen ihre Sichtweise auf die Dinge bereits in den ersten Minuten: „In knappen 40 Jahren haben zwei Parteien, drei politische Familien und einige große Wirtschaftsbosse Griechenland in den Bankrott getrieben. Sie haben aufgehört, die Bevölkerung zu bezahlen, um ihre Gläubiger zu retten.“

„Komplizen“ kommen nicht zu Wort

Nicht zu Wort kommen lassen die Autoren alle, die sie für „Komplizen“ des Bankrotts halten. Die Ministerpräsidenten und Finanzminister der letzten zehn Jahre in Griechenland werden als Glieder einer Kette dargestellt, die das Land ins Nichts getrieben haben.

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Der Generaldirektor des Internationalen Währungsfonds Dominique Strauss-Kahn, der sich den Griechen als der Arzt des Landes präsentiert hatte, wird mit dem Diktator Georgios Papadopoulos [Premierminister während der griechischen Militärdiktatur von 1967 bis 1974] verglichen. Die Parallele wird von Beginn des Dokumentarfilms an mit einer außergewöhnlichen Schlichtheit gezogen, doch der Betroffene (Strauss-Kahn) hat kein Recht, sich dazu zu äußern. Auf die Frage, warum man die Personen nicht zu Wort kommen lasse, die angegriffen werden, antwortet Kateina Kitidi, dass dies eine Frage sei, die man vielen Medien stellen sollte, die in letzter Zeit permanent immer nur eine Sichtweise der Situation verbreiten. „Wir glauben, dass wir einen anderen Ansatz bieten, der seit Langem gefehlt hat.“

Unabhängige Meingung für ein breites Publikum

Für ihren Kollegen Aris Hatzistefanou zählt vor allem die Unabhängigkeit des Dokumentarfilms: „Wir hatten keine andere Wahl“, stellt er klar. „Um uns inhaltlich nicht zu verpflichten, was Produktionsgesellschaften, Institutionen oder Parteien sicherlich gefordert hätten, haben wir uns an die Öffentlichkeit gewandt, um die Produktionskosten sicher zu stellen. Der Film gehört daher unseren „Koproduzenten“, die übers Internet gespendet haben. Daher gibt es auch keine Probleme mit Rechten. Unser Ziel ist es jedenfalls, den Film einem so breiten Publikum wie möglich zugänglich zu machen“, erklärt er.

Die Reportage bedient sich der Probleme von Ecuador und Argentinien, um das Argument zu stärken, dass der Bericht eines Prüfungsausschusses als ein Verhandlungswerkzeug eingesetzt werden kann, um einen Teil der Schulden auszulöschen sowie das Einfrieren von Gehältern und Renten zu lockern.

„Wir versuchen uns an Ländern wie Argentinien und Ecuador ein Beispiel zu nehmen, die dem IWF und ausländischen Gläubigern abgesagt haben, die die Bevölkerung, auch wenn nur teilweise, in die Knie gezwungen haben. Dafür haben wir mit den Leuten gesprochen, die in Ecuador eine Prüfung durchgeführt und bewiesen haben, dass ein Großteil der Schulden illegal ist“, hakt Katerina Kitidi ein. Debtocracy vermeidet allerdings, die großen, unübersehbaren Unterschiede zwischen Ecuador und Griechenland aufzuzeigen. Unter anderem zum Beispiel die Tatsache, dass Ecuador Erdöl besitzt. (s-d)

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