Opinion, ideas, initiatives Donald Trump und Europa

Ein heilsames Erwachen

Für die Europäische Union ist Donald Trump ein echter Glücksfall, denn er hat es mit wenigen Sätzen und bemerkenswerter Effizienz geschafft, ihre Reihen wieder so fest zu schließen schon lange nicht mehr.

Veröffentlicht am 6 Februar 2017

Für die Europäische Union ist Donald Trump ein echter Glücksfall, denn er hat es mit wenigen Sätzen und bemerkenswerter Effizienz geschafft, ihre Reihen wieder so fest zu schließen schon lange nicht mehr.

Donald Trump gehört zu der Sorte Amerikaner, denen die Idee eines geeinten Europa noch nie gefallen hat, weil sie darin eine Bedrohung für die wirtschaftliche Dominanz ihres Landes sehen. „Die Union wurde zum Teil geschaffen, um die Vereinigten Staaten wirtschaftlich zu schlagen. Okay?“, erklärte er in seinem Interview mit der Times und der Bild. Ja, Okay. Durch die Schaffung des gemeinsamen Marktes wollten die Europäer sich tatsächlich im internationalen Wirtschaftsumfeld behaupten und haben es sogar geschafft, die EU zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt zu machen.

Das missfällt Donalt Trump so sehr, dass er gleich hinzufügte:„Ich mache mir daher nicht wirklich Sorgen, ob sie auseinanderfällt oder vereint bleibt“. Indem er es jedoch wagte, den Erfolg des Brexit und die Auflösung der EU vorherzusagen und die NATO als „veraltet“ zu bezeichnen, hat er sich schlicht und ergreifend ins eigene Fleisch geschnitten.

Noch nie seit der Erweiterung der EU, der Einführung gemeinsamer Regeln zur Einschränkung der Haushaltsausgaben und der anschließenden Entfremdung zwischen Europa und seinen Bürgern waren die Europäer sich so einig wie heute in ihrer Verärgerung und in dem Wunsch, den Fehdehandschuh aufzunehmen.

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Es herrscht eine Art Einigkeit gegen Trump, die sich wie folgt ausdrückt:
Frau Merkel: „Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass die 27 Mitgliedstaaten angesichts der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zusammenarbeiten“. François Hollande: „Europa braucht keine externen Ratgeber, die ihm sagen, was es zu tun hat“. Spanien, durch seinen Außenminister: „Donald Trump muss die EU und die NATO von innen kennenlernen“. Zu diesen öffentlichen Erklärungen kommt die Verärgerung, die am 16. Januar beim Treffen der EU-Außenminister auf den Gängen zu hören war.

Ein Teil der ehemaligen Verfechter des französischen „Nein“ zur Europäischen Verfassung von 2005 wird europäisch und ganz Europa, mit Ausnahme der extremen Rechten, versteht jetzt, dass der amerikanische Schutzschirm nicht mehr gewährleistet ist und dass Donald Trump nicht nur gegenüber Mexiko und China einen Handelskrieg erklärt hat sondern auch gegenüber Europa – und dass Europa lernen muss, sich militärisch und auch in Sachen Handel selbst zu verteidigen.

Umso besser. Vielen Dank Herr Trump, dass sie uns aus einem tiefen Schlaf wachgerüttelt haben. Ärgerlich an diesem Twitter-Liebhaber ist allerdings, dass sein Ton auch gegenüber Peking schärfer wird, wo man inzwischen über „starke Gegenmaßnahmen“ – also militärischer Natur – redet, wenn er weiterhin mit der Taiwan-Frage spielt.

Europa schließt die Reihen, aber die Welt wird unsicherer denn je.

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