Nachrichten Elektrofischerei

Ein Test für das demokratische und ökologische Europa

Der Verein Bloom hat kürzlich enthüllt, dass die Europäische Kommission mindestens 21,5 Millionen Euro Subventionen an niederländische Trawler gezahlt hat. In diesem Thema kristallisieren sich viele europäische Herausforderungen, sowohl die demokratischen als auch die ökologischen.

Veröffentlicht am 27 November 2018 um 09:30

Wenn das Thema Elektrofischerei immer mehr in den Vordergrund rückt, dann deshalb, weil es trotz seiner technischen Spezifik besonders sensibel ist. Umwelt, Demokratie, Schutz der Arbeitnehmer, in diesem Fall der Fischer.... Diese umstrittene Fangmethode verdrängt alle anderen derzeitigen Probleme.

Der Verein Bloom hat seinen Anteil daran. Bloom hat seinen langen Kampf gegen die Elektrofischerei in die Medien gebracht, und sowohl die Niederlande als auch die europäischen Institutionen scharf angegriffen. Anfang November hat er die illegalen Fördermittel angeprangert, welche die Trawler erhalten haben sollen, die diese von Wissenschaftlern umstrittenen Methode anwenden.

Die Geschichte der Elektrofischerei in der Europäischen Union begann 1998, als sie verboten wurde. Dies änderte sich 2006, als mit einer Verordnung vom 21. Dezember Ausnahmen von diesem Verbot eingeführt wurden, um die Technik aus experimenteller Sicht zu testen. Damals wurde vorgesehen, dass höchstens 5 Prozent der Flotte jedes Mitgliedstaats der Europäischen Union diese Genehmigungen erhalten können. Betroffen waren nur jene, die in der Nordsee tätig waren.

In jüngster Zeit stimmte die PECH Kommission des Europäische Parlament am 21. November 2017 mit 23 gegen 3 Stimmen für die Entwicklung dieser Verfahrensweise.

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Wenige Wochen später reagierte das Europäische Parlament im Plenum: Am 16. Januar 2018 entschied sich eine klare Mehrheit (402 gegen 232 Stimmen) für ein vollständiges Verbot dieser Art des Fischfangs. An diesem Tag stimmten die niederländischen Abgeordneten fast einstimmig gegen das Verbot. Nur die Abgeordnete Anja Hazekamp, Mitglied der Partei für Tiere (Partij voor de Dieren), war dafür. Während sich auch andere Länder mehrheitlich gegen das Verbot ausgesprochen haben, waren sich nur die Niederlande in diesem Punkt wirklich einig, d. h. alle politische Parteien, einschließlich der Umweltschützer.

Diese Abstimmung ist nicht irrelevant und deutet darauf hin, dass die Niederlande der wichtigste Lobbyist für die Elektrofischerei sind. Dabei macht die Fischerei nur einen kleinen Bruchteil der niederländischen Wirtschaft aus. Das fällt dann auf, wenn man sich ihr landwirtschaftliches Einkommen, einschließlich der Fischerei-Erträge anschaut. Im Jahr 2017 betrug dieses 1,86 Prozent des BIP, d. h. ein Anteil, der immer noch höher ist als der seiner Nachbarn: 0,51 Prozent im Vereinigten Königreich, 1,14 Prozent in Dänemark, 1,10 Prozent in Schweden oder 1,51 Prozent in Frankreich. Darüber hinaus leiden die Niederlande in der Nordsee unter der Konkurrenz mit ihren Nachbarn und stehen nicht auf dem Podium der größten Fischer Europas.

Die Elektrofischerei ist ein schneller Weg, um mehr Fänge zu machen. Genau deshalb sind Fischereiländer wie Frankreich oder das Vereinigte Königreich gegen diese Vorgehensweise. Sie wollen vielmehr ihre Seeleute zu schützen, die nicht über diese Techniken verfügen.

Für den Verein Bloom hört das Problem damit aber nicht auf: Es handelt sich auch und vor allem um die Demokratie. Seit der Abstimmung im Januar 2018 wurden die den niederländischen Fischern gewährten Ausnahmeregelungen nicht abgeschafft. Schlimmer noch: Die Diskussionen über die Zukunft der Elektrofischerei sollen noch immer im Gange sein.

Darüber hinaus behauptet die NRO nach einer Analyse der Einzelheiten der Fördermittel für niederländische Fischer, Unregelmäßigkeiten entdeckt zu haben. Bloom hatte bereits im Oktober 2017 über Regelwidrigkeiten bei den Elektrofischerei-Genehmigungen für Trawler berichtet. Es wurde festgestellt, dass 70 von 84 Lizenzen illegal sind, da sie 2006 die Obergrenze von 5 Prozent der gesamten Flotte des Mitgliedstaats überschritten haben.

Neu ist, dass Bloom herausgefunden hat, dass alle diese 84 Trawler von Subventionen aus den europäischen Fischereifonds profitiert hätten. Insgesamt wurden den niederländischen Fischern zu Unrecht 21,5 Millionen Euro an europäischen öffentlichen Geldern gezahlt, damit sie die Elektrofischerei entwickeln. Im Einzelnen sollen sie zwischen 2008 und 2016 14,3 Millionen, und seit 2017 bereits 6,5 Millionen erhalten haben. Ferner kommen weitere 2,7 Millionen Hilfsmittel dazu, die ausdrücklich für Trawler mit Scherbrettern bestimmt sind, obwohl diese 2006 von der Ausnahmeregelung ausgeschlossen wurden.

Die Europäische Kommission, die von VoxEurop kontaktiert wurde, wies diese Anschuldigungen illegaler Subventionen ihrerseits zurück. Laut einem institutionsnahen Informanten ist sie jedoch angeblich dabei, Auskünfte über das niederländische Genehmigungsverfahren zu erhalten. Die Kommission wendet sich daher dem Staat zu, d. h. der einzigen Einrichtung, welche die umstrittenen Lizenzen vergeben kann. Dennoch soll sie 5 Millionen Euro an Trawler gezahlt haben, die Elektrofischerei betreiben, allerdings für Projekte, die nichts mit dieser Vorgehensweise gemein haben, sowie 4,3 Millionen Euro für Forschungsprojekte zur Entwicklung derselben.

Inzwischen ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Fall der Elektrofischerei noch eine ganze Weile für Spannungen sorgen wird.

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