Europa im Jahr Null

Veröffentlicht am 14 Mai 2010

"Scheitert der Euro, [...] dann scheitert Europa, dann scheitert die Idee der europäischen Einigung." Die Problematik der derzeitigen Krise wird durch Angela Merkels Mahnung vom 13. Mai deutlich. Mit der Finanzkrise, die sich von Griechenland auch auf andere Staaten auszubreiten droht, beginnt die Europäische Union eine neue Phase, aus der sie zutiefst verändert hervorgehen wird.

Der am 9. Mai verabschiedete Rettungsplan von 750 Milliarden Euro ähnelt ein wenig dem Marshall-Plan, der dem nach dem Zweiten Weltkrieg in Ruinen liegenden Europa gewährt wurde. Die heutigen Ruinen könnten diejenigen des europäischen Aufbaus seit 1950 sein. Die französisch-deutsche Triebkraft, die am Anfang dieser Einigung stand, stößt an ihre Grenzen, weil die anderen Staaten nicht mehr dazu bereit sind, ihr bedingungslos zu folgen und weil Paris und Berlin anscheinend immer stärker uneins darüber sind, wie die Gestalt und die Ziele der EU aussehen sollen. Der europäische sozialdemokratische Pakt eines mehr oder weniger starken Wohlfahrtstaates, der traditionell von den konservativen Parteien akzeptiert wurde, ist heute durch die Härte gefährdet, die nichtsdestotrotz unerlässlich ist, um die Wirtschaft des Kontinents über Wasser zu halten. Während die zwischenstaatliche Methode heute aber die kohärente und effiziente Politik bremst, bleibt der Föderalismus weitgehend mit demokratischen nationalen Forderungen unvereinbar. Dies wird der Vorschlag der Kommission einmal mehr zeigen, der die Nationaletats unter Aufsicht stellen will.

Was bleibt also zu tun? Drei Jahre nach Beginn des Marshall–Plans brachte Robert Schuman 1950 eine völlig neue Idee hervor. Er wollte die Kohle- und Stahlvorkommen zusammenlegen, um der Sanierung des Kontinents einen Sinn zu geben. In der heutigen Welt technologischer Umwälzungen könnte die neue Idee von den sozioökonomischen Akteuren Europas kommen, die sich weltoffen in Netzwerken bewegen und direkten Zugang zu den Erwartungen der Bürger haben. Um die Krise zu überwinden, müssen die Politiker ihre Fähigkeit demonstrieren, zuhören zu können und über ihre alten Denkweisen hinauswachsen. (sd)

Eric Maurice

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