Latvia - Madeleina Kay

Die Letten dürfen ihre Stimme nicht an Russland abgeben

In Lettland sind die bevorstehenden EU-Wahlen angesichts einer zunehmend apathischen Wählerschaft und der russischen Einflussnahme entscheidend für die nationale Sicherheit. Eine starke Wahlbeteiligung könnte die Unterstützung für die Ukraine aufrechterhalten und der Anti-EU-Propaganda entgegenwirken.

Veröffentlicht am 4 Juni 2024
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Anlässlich der bevorstehenden EU-Wahlen hat das Europäische Parlament (EP) eine Kampagne gestartet, die betont, welche Bedeutung die Stimmabgabe für den Schutz der Demokratie hat. Ihr Slogan: „Nutze deine Stimme. Sonst entscheiden andere für dich.“

Was weder das EP noch die Wahlkommission Lettlands direkt sagen: diese „anderen“ sind Russland. Beide Institutionen versuchen jedoch offensichtlich, genau diese Botschaft zu vermitteln. Ein Video aus der EU-Kampagne zeigt Großeltern, die ihren Enkeln von den Schrecken des Krieges erzählen und von ihrem Kampf um Freiheit. Dabei fungiert der Zweite Weltkrieg als direkte Entsprechung zum blutigen Krieg des Kremls in der Ukraine und den russischen Versuchen, die Gesellschaften anderer Länder und die demokratischen Entscheidungen ihrer Bevölkerung zu beeinflussen.

Russland will die Erfolge seines hybriden Krieges in den Ergebnissen der Wahlen sehen, die zu den „wichtigsten Leistungsindikatoren“ des Kremls zählen. Und die Bemühungen scheinen nicht vergeblich zu sein. Das zeigte sich z. B. in der Slowakei: Dort bedurfte es nur einer Wahl und der einstige Verbündete der Ukraine beschloss, Waffenlieferungen an Kiew seien unnötig. Oder Ungarn, das mit allen denkbaren Tricks versucht, die Ukraine zu unterminieren.


In einem Interview mit Delfi TV brachte es der ehemalige lettische Präsident Valdis Zatlers auf den Punkt: „Dies ist eine Kriegswahl.“Deshalb sollten die Menschen wählen gehen. Jeder Stimmzettel zählt. Wenn die berüchtigten Brüsseler Korridore auch noch so weit entfernt scheinen mögen – dort wird die Unterstützung Europas für die Ukraine geschmiedet.

Dieses Gesamtbild findet endlich mehr Beachtung. Bei den lettischen Parlamentswahlen 2022 stieg die Wahlbeteiligung  von 58,85 % auf 59,43 %. Doch wie im übrigen Europa schenken die Letten der EU weit weniger Aufmerksamkeit als der lokalen Politik. So gaben bei der Wahl 2019 nur 33,53 % der lettischen Bevölkerung ihre Stimme ab, verglichen mit 30,24 % im Jahr 2014. In jedem Falle ist dies deutlich weniger als bei den Nationalwahlen.

Das ist schon deshalb verwunderlich, weil es in Lettland politische Parteien gibt, die sich über eine geringe Wahlbeteiligung freuen würden. Ein Kandidat – der Vorsitzende der Zentrumspartei – meint, die Halbinsel Krim gehöre zu Russland. Andere Kandidaten wollen die Beziehung Lettlands zur EU überdenken. Aus Sicht der Partei „Für Stabilität“ ist diese Wahl eine Entscheidung zwischen dem nationalen Interesse und dem Austritt aus der „erdrosselnden Union“. (Natürlich ist diese Partei auch für die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland). 

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