Finanzspritze ist für beide Seiten teuer

Veröffentlicht am 11 Juli 2012 um 12:49

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Ab sofort herrschen „Europäische Verhältnisse“, betitelt El País das Memorandum zwischen Mariano Rajoys Regierung und der EU. Es enthält eine Reihe von Auflagen zur Rettung der Banken:

Auch wenn dies nicht explizit so dargestellt wird, können die 32 Bedingungen des Memorandums aus gutem Grund als [ausländischer] Eingriff in den gesamten Bankensektor bezeichnet werden. Tatsache ist nämlich, dass die Eurogruppe dem Bankbetrieb der Bank von Spanien eine Generalüberholung aufbürdet, das Finanzministerium dazu zwingt, der Bank von Spanien seine Sanktionsbefugnisse zu überlassen, und eine unabhängige Aufsicht über die Steuerpolitik verlangt. [...]

Allerdings gibt es auch gute und keinesfalls nur nebensächliche Nachrichten: Neben der Rettung der Banken wurde eine sofortige Vorauszahlung von 30 Milliarden Euro (der insgesamt geplanten 100 Milliarden Euro) genehmigt, und eine moderate Rückzahlungsdauer (14 Jahre) sowie ein Zinssatz von etwa vier Prozent bewilligt. Gleichwohl machte die Eurogruppe kein Geheimnis daraus, dass die Troika (EU-Kommission, EZB und IWF) die Rettungsaktionen genau unter die Lupe nehmen wird.

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Am 11. Juli kündigte Regierungschef Mariano Rajoy weitere Sparmaßnahmen an. Bis Ende 2014 sollen insgesamt 65 Milliarden Euro eingespart werden. Dafür soll der öffentliche Dienst reformiert, Arbeitslosenhilfen gekürzt und die Mehrwertsteuer (von 18 auf 21 Prozent) erhöht werden. Für die Tageszeitung aus Madrid kommen all diese Regierungsaktionen reichlich spät:

Schaut man sich dieses Memorandum durch die politische Brille an, fällt auf, dass die Reformen des Finanzministeriums den Forderungen Europas einfach nicht nachgekommen sind. Weder die Budgetkürzungen im Bildungs- noch im Gesundheitssektor haben dazu beigetragen, das Defizit einzudämmen. Ferner trug der fragwürdige Umgang der Regierung mit der Krise zu einem Vertrauensverlust auf den Märkten und bei den EU-Partnern dazu bei.

El Mundo betont dagegen, dass Souveränitätsrechte abgetreten werden und Spanien die Kontrolle über eine „Schlüsselbranche“ seiner Wirtschaft verliert. Die konservative Tageszeitung kritisiert die Vorgehensweise der aktuellen Regierung und ihrer von José Luís Rodríguez Zapatero angeführten Vorgängerin:

Zapateros Regierung ist haushoch gescheitert [...]. Und auch Rajoys Exekutive ist ein reines Fiasko: Seine zurückhaltenden Finanzreformen haben die schwerwiegenden Probleme der Branche nur noch verstärkt. Das beste Beispiel dafür ist die überstürzte Bankia-Verstaatlichung [im Juni]. [...] Man kann sich fragen, was wohl aus Spanien wird, wenn die EU sein ganzes Wirtschaftssystem retten muss. Das wäre nicht nur demütigend, sondern würde auch die Überlebensfähigkeit der Regierung infrage stellen. Um einen solchen Eingriff zu verhindern, bleibt Rajoy ein letzter Trumpf: Eine tiefgreifende Staatsreform.

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