„Zum Schutz des gemeinsamen Marktes hat die Europäische Kommission beschlossen [...], die Zölle auf 55 aus China importierte Porzellan- und Tonartikel von 17,6 auf 58,8 Prozent zu erhöhen“, berichtet Les Echos. Die Wirtschaftszeitung erklärt, Brüssel habe dieses Vorgehen „infolge einer am 31. Januar 2012 eingegangenen Beschwerde von europäischen Herstellern“ eingeleitet. Die Erhöhung sei jedoch zunächst nur provisorisch: „Im kommenden Mai wird die Kommission die Mitgliedsstaaten nach neuen Untersuchungen und für den Fall, dass sich der Dumpingverdacht bestätigt, über eine fünfjährige Aufrechterhaltung der Strafzölle abstimmen lassen.“
„Muss man deshalb von einer ‚wichtigen und mutigen’ Entscheidung sprechen?“, wie es zwei französische Minister getan haben, fragt die Tageszeitung aus Paris in ihrem Leitartikel:
Diese Entscheidung ist in keiner Weise einzigartig. Die Kommission hat in letzter Zeit mehrere ähnliche Maßnahmen getroffen. Sie hat zwei Untersuchungen im Solarsektor eingeleitet, der in Europas Handelsdefizit gegenüber China (Importe in Höhe von über 20 Milliarden Euro im letzten Jahr) viel schwerer wiegt. Und sie erwägt weiterhin, eine andere Untersuchung im hochwertigeren und somit überaus symbolträchtigen Bereich der Telekommunikationsausrüster zu starten. In China beginnen die Behörden und die Medien, angesichts dieser Verhärtung gereizt zu reagieren, was nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen ist.
Brüssels neue Verhaltensweise ist nicht so sehr durch die Wirtschaftskrise in Europa als vielmehr durch den wirtschaftlichen Erfolg Chinas begründet. Um ein starkes Wachstum aufrechtzuerhalten, haben die Regierenden eine ganze Reihe von Praktiken gedeihen lassen, die gegen die Regeln des internationalen Handels verstoßen. So etwa die Nichteinhaltung von Vorschriften in Bezug auf geistiges Eigentum, die Subventionierung durch Gebietskörperschaften sowie Dumping. Doch das größte Land der Welt ist heute kein armer Staat mehr, der besondere Rücksichtnahme verdient. Somit ist es logisch, dass sein größter Handelspartner, die Europäische Union, fallweise eingreift, wenn die Dinge zu weit gehen, und die strengen, von der Welthandelsorganisation festgelegten Regeln beachtet. Es wäre jedoch illusorisch zu glauben, dass hier und da auferlegte Zölle die europäische Industrie retten könnten.
Das Beste vom europäischen Journalismus jeden Donnerstag in Ihrem Posteingang!
Interessiert Sie dieser Artikel?
Er ist dank der Unterstützung unserer Community frei zugänglich. Die Veröffentlichung und Übersetzung unserer Artikel kostet Geld. Um Sie weiterhin unabhängig informieren zu können, brauchen wir Ihre Unterstützung.
Abonnieren oder Spenden
Seit den 1980er Jahren und der Finanzialisierung der Wirtschaft haben uns die Akteure der Finanzwirtschaft gelehrt, dass sich hinter jeder Gesetzeslücke eine kurzfristige Gewinnmöglichkeit verbirgt. All das und mehr diskutieren wir mit unseren Investigativ-Journalisten Stefano Valentino und Giorgio Michalopoulos. Sie haben für Voxeurop die dunklen Seiten der grünen Finanzwelt aufgedeckt und wurden für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet.
Veranstaltung ansehen >