In Gurien im Westen Georgiens beginnt das Dorf Shukhuti mit einer unbenannten Abzweigung, die zu einer holprigen, kurvenreichen Straße führt. Am Ende liegt ein eingezäuntes Grundstück, das von russischem Sicherheitspersonal bewacht wird. Sie schützen den Standort des geplanten Weltraumbahnhofs, auch Kosmodrom genannt.
Die Planungen für den Bau des Kosmodrom „Kolkhida” laufen bereits. Dahinter stecken die beiden Russinnen Julia und Maria Arkhipowa, die zu Beginn des Krieges in der Ukraine aus Russland nach Georgien kamen. Ein paar Wochen später hatten sie bereits zwei Unternehmen gegründet, Land erworben und begonnen, einen Teil davon zu nutzen, wobei sie auf ihre Erfahrungen in der Luft- und Raumfahrtindustrie hinwiesen.
Maria hat einen Master in öffentlicher Verwaltung mit Spezialisierung auf Raumfahrtindustrie, den sie an der Fakultät für Weltraumforschung in Moskau erworben hat. Zu ihren beruflichen Stationen zählen die Koordination des Baus der Orbitalstation „Mir-2” und die Leitung des russischen Konsortiums für Raumfahrttechnologien, einer privaten Initiative, die 2016 ins Leben gerufen wurde, um die kommerzielle Raumfahrt voranzutreiben.
Maria, 46, und Yulia, 45, sind in Gurien als Schwestern bekannt, doch in Wahrheit sind die beiden seit langem ein Paar und waren, bevor Maria eine Geschlechtsumwandlung vornehmen ließ, verheiratet. Das Ehepaar hat jedoch nicht nur seine persönliche Geschichte vor den Einheimischen versteckt. Durchgesickerte Dokumente belegen, dass Maria und Julia regelmäßig Kontakt mit staatlichen russischen Institutionen haben.
Unter den Unterlagen befinden sich Hunderte von E-Mails und offizielle Briefe, die die beiden mit Prawfond – einer vom russischen Außenministerium gegründeten Stiftung – ausgetauscht haben. Die Korrespondenz aus dem Jahr 2014 wurde von der Stiftung geleakt und landete schließlich beim Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP), dessen Mitglied iFact ist.
Ungewisse Pläne, ungewisse Herkunft
In Werbevideos für den Weltraumbahnhof „Kolkhida“ ist vom Bau einer Startrampe für Raumfahrzeuge und einer Anlage zur Herstellung von Drohnen und Satelliten die Rede. All dies soll auf einem eingezäunten Grundstück in der Gemeinde Lantschchuti in Gurien gebaut werden. Die Videos deuten sogar auf Ambitionen hin, Menschen ins All zu schicken.
Um diese Ziele zu verwirklichen, kaufte Serviuk Agro, das Unternehmen der Arkhipowas, drei Grundstücke in Lantschchuti mit einer Gesamtfläche von fast 14.000 Quadratmetern, die als Startplätze für Orbitalmissionen dienen sollen.
Laut Unterlagen, die Julia Arkhipowa 2023 beim öffentlichen Bauregister des Landes eingereicht hat, soll das Ehepaar bereits mit den Fundamentarbeiten begonnen haben. Elektrische Anlagen und Zähler wurden angeblich installiert, ein bestehendes Gebäude wurde repariert und Kanal- und Wasserleitungen wurden verlegt. Auch die Vegetation wurde gerodet. Bei genauer Betrachtung der Fotos und Videos gibt es jedoch Zweifel, ob diese Infrastruktur wirklich vorhanden ist.
Fest steht, dass das Kosmodrom-Projekt Teil einer größeren und komplexeren Geschichte ist. Am 27. August 2023 schrieb Maria Arkhipowa einen Brief an Aleksander Udaltsew, den Geschäftsführer von Prawfond. Darin erklärte sie, dass das Paar plant, eine Weltraumstation in Georgien zu bauen. Sie betonte, dass dort russische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in wichtigen Positionen arbeiten würden. Das Kosmodrom solle sowohl den Interessen Russlands als auch Georgiens dienen.
Außerdem sagte sie, dass Julia wegen ihrer russischen Nationalität Schikanen und Diskriminierung erlebt. Dazu gehören auch Drohungen von Menschen mit nationalistischen Ansichten. Sie behauptete, dass ihre Bitten um Hilfe beim russischen Konsulat, beim georgischen Ombudsmann, bei der Staatsanwaltschaft und bei der Polizei nicht beachtet wurden.
Einen Tag später schickte Julia einen zweiten Brief an Prawfond. In diesem Brief fügte sie Links zu Videos bei, die das Gelände zeigten. Außerdem beschrieb sie die ersten Baupläne genau. Dazu gehörten der Anschluss an das Stromnetz, die Asphaltierung der Zufahrtsstraßen und die Vorbereitung der nötigen Infrastruktur.
Am 30. August schickten die Arkhipowas eine weitere Nachricht. Darin beschrieben sie ihre Lage als „direkte Verfolgung“ wegen ihrer russischen Staatsbürgerschaft. Sie schrieben: „Wenn ein russischer Staatsbürger oder eine russische Staatsbürgerin offen als ‚Faschist*in’ oder ‚Besatzer*in’ bezeichnet wird und die Russische Föderation trotzdem nicht genug tut, um ihre Bürgerinnen und Bürger zu schützen, dann wissen wir auch nicht mehr weiter.”
Derzeit ist das Kosmodrom-Projekt auf Eis gelegt. Wir haben die Arkhipowas gefragt, warum das so ist und wie ihre nächsten Schritte aussehen könnten. Sie erklärten, dass der Bau in der Phase der Projektvereinbarung unterbrochen wurde. Wenn die Genehmigung erteilt wird, könnte das Projekt innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein. Außerdem haben wir die Stadtverwaltung von Lantschchuti kontaktiert, um zu erfahren, ob die Arkhipowas tatsächlich einen Genehmigungsantrag gestellt haben. Bisher haben wir jedoch keine offizielle Antwort erhalten.
Was ist Prawfond?
Prawfond ist eine Stiftung, die russische Landsleute schützt und unterstützt. Sie wurde 2012 durch ein Dekret des damaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew gegründet. Der Fonds wurde vom russischen Außenministerium zusammen mit anderen staatlichen Stellen eingerichtet. Seine offizielle Aufgabe ist es, russischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern sowie russischen Gemeinschaften im Ausland rechtlichen Beistand zu geben.
In der Praxis ist Prawfond jedoch ein Instrument der sogenannten Soft Power des Kremls in Europa, Georgien, Moldawien, der Ukraine und Zentralasien. Die Organisation wurde 2023 sowohl von den Vereinigten Staaten als auch von der Europäischen Union mit Sanktionen belegt.
Prawfond finanziert die Rechtsverteidigung von Russen und Russinnen im Ausland, führt Informationskampagnen durch und bietet diplomatische Unterstützung über Botschaften und Kulturzentren. Nach Angaben des estnischen und lettischen Geheimdienstes dient Prawfond auch als Werkzeug des russischen Geheimdienstes. Der Fonds nutzt diese Verbindung, um Geld an Rechtshilfezentren und pro-russische Telegram-Kanäle in der Region weiterzuleiten.
Zu den bekanntesten Aktionen von Prawfond gehörte die Übernahme von Anwaltskosten in Höhe von über 220.000 Euro für Wladim Krasikow, Mitarbeiter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, der in Deutschland wegen Mordes an dem Georgier Zelimkhan Khangoschwili zu lebenslanger Haft verurteilt, aber 2024 im Rahmen eines Gefangenenaustauschs gegen zwei amerikanische Journalisten freigelassen wurde. Bei seiner Rückkehr nach Russland wurde er persönlich von Präsident Putin begrüßt und Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bestätigte, dass Krasikow ein Agent der FSB-Eliteeinheit „Alpha” war.
Eine gemeinsame Recherche von OCCRP und dem litauischen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender LRT ergab, dass Prawfond auch kremlnahe Anwälte und Anwältinnen, Propagandist*innen und Geheimdienstagent*innen in ganz Europa finanziert hat.
Eine strategische Partnerschaft zwischen den Arkhipowas und Prawfond
Maria und Julia Arkhipowa stehen in enger Verbindung zum Prawfond-Netzwerk. Sie arbeiten mindestens seit der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 mit der kremlnahen Stiftung zusammen. Die Arkhipowas arbeiteten in Russland auch nicht in der Raumfahrt, sondern als Menschenrechtsanwältinnen. In den frühen 2000er-Jahren, bevor Maria ihre Geschlechtsumwandlung vornehmen ließ, gründete sie eine Vereinigung für russische Anwälte und Anwältinnen namens „For Human Rights”.
Diese Organisation gehörte zu denen, die im Februar 2023 bei Präsident Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow eine Petition einreichten, um die Visumpflicht für georgische Staatsbürger*innen aufzuheben. Der Kreml kam dieser Forderung einige Monate später nach und beendete im Mai 2023 die Visumpflicht für Georgien. Die interne Korrespondenz lässt eine klare Begründung für die reibungslose Zusammenarbeit erkennen: Marias Geschlechtsidentität wurde als PR-Vorteil angesehen.
Sergej Panteleew, ein Vertreter von Prawfond, drückte es so aus: „Russland produziert weiterhin Berichte für ein russisches Publikum, die international aber nicht ernst genommen werden. Hoffentlich finden wir mit Hilfe von Marias und Julias Verein endlich einen Weg, um dieses Problem zu lösen.”
Mindestens 72.000 Euro an Zuschüssen flossen von Prawfond an „For Human Rights”. Offiziell wurden mit diesen Mitteln Berichte über die Ukraine finanziert und wichtige Betriebskosten gedeckt. Diese Zahl spiegelt jedoch nur die offiziell bestätigten Verträge wider: Die Arkhipowas stehen seit über einem Jahrzehnt in ständigem Kontakt mit dem Prawfond und reichen dort Berichte, Forschungsergebnisse und Stellungnahmen ein, um im Gegenzug Beratung und Unterstützung zu erhalten. Daher ist es wahrscheinlich, dass ihre Aktivitäten weit über diese beiden dokumentierten Projekte hinausgingen.
Im Jahr 2014 legte ihre Vereinigung einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen während des Russland-Ukraine-Konflikts vor, der den Darstellungen des Kremls entspricht. Darin wurde die ukrainische Regierung als neonazistisch dargestellt und die Aktionen des russischen Militärs auf der Krim als Schutzmaßnahme für Russen und Russinnen charakterisiert. Dieser Bericht wurde schließlich den Vereinten Nationen vorgelegt. Igor Panewkin von Prawfond lobte die Arbeit in einem Brief, nachdem Marias Bericht den UN-Ausschuss gegen Folter dazu veranlasst hatte, eine Delegation auf die Krim zu entsenden.
Wie sich die Arkhipowas als russische Aktivistinnen in Georgien positionierten
Im Februar 2023 schrieben die Arkhipowas erneut an Prawfond und boten an, ihr Fachwissen auch in Georgien einzubringen. „Angesichts unserer Erfahrungen seit 2004“, erklärten sie, „würden wir uns freuen, wenn unser Wissen und unsere Fähigkeiten für die Arbeit vor Ort von Nutzen wären – insbesondere in Georgien, wo wir bereits gute Verbindungen zu Aktivist*innen, Politiker*innen und anderen Interessengruppen haben. [...] Wir wären nicht abgeneigt, an der Gründung einer Zweigstelle der NGO in Georgien mitzuarbeiten.”
Nach dieser Nachricht begannen Maria und Julia, ihre russischen Kontakte regelmäßig über die Entwicklungen in Georgien zu informieren. Prawfond leitete diese Informationen an russische Regierungsbehörden weiter, darunter an das Bildungsministerium und die Präsidialverwaltung.
Im März 2023 legte Maria einen Bericht vor, in dem sie die Existenz „russischsprachiger Siedlungen” in Georgien behauptete und dabei Grigoleti, Shekvetili, Ureki und Poti nannte. Sie behauptete, dass ethnische Russen und Russinnen dort mit Sprachbarrieren zu kämpfen hätten, Mobbing und in einigen Fällen sogar Gewalt ausgesetzt seien. „Sie sind in gewählten Ämtern nicht vertreten.” Russische Herkunft führe zu Diskriminierung.
Menschen mit russischen Namen würden von der Arbeit in Verwaltungsämtern ausgeschlossen. „Sie sind mehr Einschränkungen ausgesetzt als Georgier. In der Regel sind Russen und Russinnen die ersten, die entlassen oder freigestellt werden, und sie erhalten die niedrigsten Gehälter”, schrieb sie weiter. Im selben Bericht sprach sie sich auch dafür aus, Russisch zur zweiten Amtssprache Georgiens zu erklären, mit der Begründung, dass der Mangel an Dolmetscher*innen in Justizbehörden zu Menschenrechtsverletzungen führen würde.
Ton und Inhalt des Berichts der Arkhipowas über Russen in Georgien entsprechen der Rhetorik, die sie bereits 2014 während der Annexion der Krim verwendet hatten, als sie die ukrainische Regierung als neonazistisch und die russische Militärintervention als schützend bezeichnet hatten. Maria hat diese Darstellungen seitdem offen in russischen Medien wiederholt und gewarnt, dass Russland gezwungen sein könnte, „Georgien zurückzuerobern“, so wie es „die Ukraine zurückerobert“, wenn die Rechte von Russen und Russinnen dort weiter verletzt werden.
Vom Kosmodrom zur Konservenfabrik: die dubiosen Geschäftsbeziehungen der Arkhipowas
Als Maria und Julia Arkhipowa sich in der Nähe von Lantschchuti niederließen, fanden sie in dem schillernden Geschäftsmann Gela Zoidze einen lokalen Verbündeten. Er stellte die Arkhipowas Unternehmern in der Region vor und wurde ihr Geschäftspartner, indem er Anteile an ihren Unternehmen erwarb.
Zoidze leitet derzeit die regionale Niederlassung der Industrie- und Handelskammer von Lantschchuti . Zuvor war er Leiter der von der Gemeinde unterstützten gemeinnützigen Organisation „Zentrum für wirtschaftliche Entwicklung und Innovation der Gemeinde Lantschchuti ”, die von 2009 bis zu ihrer Schließung im Jahr 2022 tätig war.
Die Arkhipowas nahmen ihre Tätigkeit in Georgien Anfang 2022 auf. Bis Juni hatten sie vier Unternehmen gegründet, darunter die LLC Georgian Space Technologies. Zoize hielt Anteile an den anderen drei. Unter diesen besitzt LLC Limoni mehr als einen halben Hektar Land in Shukhuti und hatte zuvor Konserven in die Ukraine exportiert. Zoidze stellte den Arkhipowas 2022 die Eigentümer von Limoni vor. Nach deren Angaben versprachen die beiden Russinnen, die Fabrik mit über zwei Millionen Lari (ca. 638.652 €) wiederzubeleben.
Zoidze bestätigte dies und erklärte, dass der Deal von der Erhaltung der Anlage abhänge. Die Wiederaufnahme des Betriebs erforderte „solide Investitionen”, was die Beteiligung der Arkhipowas rechtfertigte. Auf die Frage, ob er sich Gedanken über die Herkunft des Geldes gemacht habe, antwortete: „Diese Leute kommen nach Georgien, sie bewegen sich frei, kooperieren mit offiziellen Institutionen – was soll ich da überprüfen? Ich habe die Strafverfolgungsbehörde informiert und wenn es ein Problem gegeben hätte, wäre das deren Sache gewesen.“
Die Fabrik, die nie wieder in Betrieb genommen wurde
Am 29. Juni trafen wir den 85-jährigen Tamaz Imnaischwili und den 70-jährigen Darejan Kalajischwili in Shukhuti. Sie sagten, sie seien hoffnungsvoll gewesen, als die russischen Investorinnen kamen, und hätten geglaubt, dass ihre lange stillgelegte Fabrik endlich wieder in Betrieb genommen werden könnte. „Wir gingen zum Notar, und es wurde ein Vertrag aufgesetzt. Darin stand, dass die beiden Russen – Julia Arkhipova und der andere – 3,5 Millionen Dollar auf ihrem Konto hatten, wovon etwa 2,5 Millionen in unsere Fabrik investiert werden sollten“, erinnert sich Darejan.
Im Gegenzug übertrugen die alten Eigentümer und Eigentümerinnen 51,55 % ihrer Anteile: 49 % an die Arkhipowas und 2,55 % an Zoidze. Die Transaktion wurde im Juni 2022 im Büro von Marina Jikia, einer Notarin in Poti, abgeschlossen. Julia Arkhipowa wurde zur Direktorin ernannt und bekam auf diese Weise die Kontrolle über das Grundstück und die Gebäude. Doch innerhalb weniger Monate wurden die alten Eigentümer*innen misstrauisch: Es gab keine Anzeichen für Fortschritte, und die Spannungen eskalierten. Die neuen Eigentümer*innen begannen, ihnen den Zutritt zum Fabrikgelände zu verwehren.
„Ich bin einmal dorthin gegangen, und sie haben mich nicht hereingelassen“, sagte Tamaz. „Als ich es schließlich doch schaffte, umringten mich sieben Russen und schrien: ‚Raus hier!‘ Einer beleidigte meine Mutter. Ich war so geschockt, dass ich danach ärztliche Hilfe brauchte.”
Da es keine Kommunikation mit der Direktorin gab und die Fabrik nicht wieder in Betrieb genommen wurde, versuchten die alten Anteilseigner*innen, Arkhipowa abzusetzen, aber ihr Antrag wurde abgelehnt.
Ein Jahr später reichten die Arkhipowas ein neues Dokument ein, das die Bedingungen drastisch veränderte. Darin wurde behauptet, dass ihr „intellektueller Beitrag” zu dem Projekt 30 Millionen Dollar wert sei. Im Gegenzug sollten die ehemaligen Fabrikeigentümer*innen Arkhipowa die vollständige Kontrolle übertragen und sich verpflichten, sich nicht weiter einzumischen.
„Die 2,5 Millionen sollten also in die Produktion fließen und es stellte sich heraus, dass der Verstand der Arkhipowas 30 Millionen Dollar wert war. Aber, was interessiert mich ihr Verstand?”, sagt Darejan.
Wir fragten Maria und Julia, ob sie ihre Handlungen als Betrug betrachteten. Sie bestritten jedoch jegliches Fehlverhalten und behaupteten, sie hätten den Deal aus Mitgefühl für die älteren Eigentümer*innen abgeschlossen, aber die Investitionen aufgrund von „Provokationen” ausgesetzt.
Seit ihrer Ernennung hat Arkhipowa ihre Pflichten als Direktorin nicht erfüllt. Die Schulden der Fabrik sind nach wie vor unbeglichen, das Grundstück ist mit einem Pfandrecht belastet, und die Produktion wurde nicht wieder aufgenommen – lediglich die Wachkabine wurde renoviert. Aus der Ukraine herbeigeschaffte Russen wurden als Sicherheitspersonal eingestellt und leben noch immer auf dem Gelände.
Seit zwei Jahren versuchen die ursprünglichen Eigentümer*innen, ihre Anteile zurückzufordern, und haben Beschwerden bei Staatsanwaltschaften und Gerichten eingereicht. Eine Anhörung gab es bisher jedoch nicht. Als wir Tamaz und Darejan Marias YouTube-Videos zeigten, in denen das Grundstück als zukünftiger Standort für einen Weltraumbahnhof beschrieben wird, waren sie fassungslos.
Wo sind die Arkhipowas jetzt und was haben sie vor?
Im Mai 2024 kommunizierte Maria Arkhipowa alarmierende Neuigkeiten über ihren Gesundheitszustand. Ihr Blutdruck sei stark gestiegen, sie habe Gewicht verloren und könne nicht schlafen. Außerdem glaubte sie, vergiftet worden zu sein. Sie schrieb weiterhin über ihren Gesundheitszustand und erklärte, dass die Ärzte keine Diagnose stellen könnten und sie sich deshalb selbst behandeln müsste. Sie erwähnte auch, dass sie ihre Heimatstadt und ihre Freunde in Russland vermisse. Unterdessen wandte sich Julia an Prawfond, um Maria zur Behandlung nach Russland zurückzubringen, obwohl sie zuvor behauptet hatte, im Exil zu leben. Ihr langjähriger Kontaktmann Igor Panewkin hatte zwar Mitgefühl, erklärte jedoch, dass die inzwischen mit Sanktionen belegte Stiftung nicht mehr helfen könne.
Obwohl die Details weiterhin unklar sind, konnten wir bestätigen, dass Maria sich in Frankreich in Behandlung befindet. Beiträge auf Social Media im Herbst 2024 deuteten darauf hin, dass sie sich zudem in Domodedowo in der Nähe von Moskau aufhielt.
Im März 2023 teilten die Arkhipowas Prawfond mit, dass sie Lali Moroschkina, eine bekannte pro-russische Wissenschaftlerin, in Georgien verteidigten. Sie behaupteten, dass sie aufgrund ihres Auftritts im russischen Fernsehen Drohungen erhalten haben, und baten Prawfond um Unterstützung. Als wir jedoch Moroschkina kontaktierten, wies sie dies zurück: Die Frauen hatten sich in einem Café als exilierte russische Anwältinnen vorgestellt und später mit ihren Plänen für den Weltraumbahnhof Verdacht erregt.
Sie meldete sie dem georgischen Staatssicherheitsdienst (SUS). „Sie sind entweder Verrückte, Spioninnen oder Betrügerinnen”, sagte Moroschkina. Vorgestellt wurden sie einander von Dali (Mary) Milorawa, einer Rentnerin, die kurzzeitig als ihre Dolmetscherin gearbeitet hatte. Sie bestätigte, dass Maria sich in Frankreich in Behandlung befand und sagte, dass die Polizei und die Sicherheitsdienste Interesse an ihren Aktivitäten gezeigt hätten.
Die Arkhipowas hingegen behaupteten uns gegenüber, dass sie Georgien nicht verlassen hätten und nur aus gesundheitlichen Gründen im Ausland gewesen seien. Sie bestätigten ein Treffen mit dem SUS und sagten, die Beamten hätten ihre „Weltraum-Aktivitäten” begrüßt. Wir fragten beim SUS nach, ob eine solche Untersuchung eingeleitet worden war, erhielten jedoch eine Woche lang keine Antwort.
Unser erster direkter Kontakt mit Maria und Julia erfolgte am 4. Juli über WhatsApp unter Verwendung einer russischen Nummer. Sie bestanden darauf, dass georgische Journalist*innen Russisch sprechen sollten, und schickten uns zum Test das russische Alphabet. Sie weigerten sich, direkte Antworten zu geben, verlangten schriftliche Fragen und verspotteten uns später auf Facebook mit einem Foto, auf dem Toilettenpapier zu sehen war.
Sie drohten zudem mit rechtlichen Schritten, sollten wir den Artikel veröffentlichen. Wir antworteten, dass unsere Arbeit auf überprüften Dokumenten und Beweisen basiere, woraufhin sie erwiderten:
„А, ещё и запугивание. Понятно 🤣”. „Ah, und jetzt also auch noch Einschüchterung. Alles klar 🤣.” Seitdem haben wir nie wieder von ihnen gehört.
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