Falco Keyhole europe

Fokus Südosteuropa: Wahlen in Rumänien und anhaltende Proteste in der Region

Wie steht es um die Demonstrationen auf dem Balkan? Wie ist die Stimmung kurz vor den rumänischen Präsidentschaftswahlen und warum sorgen derzeit so viele Präsidenten der Region für Schlagzeilen?

Veröffentlicht am 16 April 2025

Die im Dezember abgesagten Wahlen in Rumänien finden nun am 4. und 18. Mai statt. Der ehemalige rechtsextreme Kandidat Călin Georgescu, der die erste Runde der annullierten Wahlen gewonnen hatte, muss das Rennen diesmal von der Tribüne aus verfolgen, weil er beschuldigt wird, gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen zu haben. Doch er bleibt trotzdem einflussreich.

In seinem jüngsten Interview mit dem „trumptreuen“ US-Fernsehmoderator Tucker Carlson nutzte Georgescu die Gelegenheit, sich erneut mit dem amerikanischen Präsidenten zu vergleichen - er hatte dies schon während seiner Präsidentschaftskampagne gerne getan. „Mir ist das gleiche wie Trump passiert, abgesehen von kleinen Unterschieden. Genau wie Trump wurde auch ich der Wahleinmischung und der russischen Einflussnahme beschuldigt”, beklagte er in dem Interview, das von Daniel Toșa in der Zeitschrift Newsweek Romania zitiert wurde.


Das Beste vom europäischen Journalismus jeden Donnerstag in Ihrem Posteingang!

Georgescu wies jedoch jegliche Verbindungen zu Russland zurück, obwohl er von hochrangigen russischen Politikern wie Wladimir Putin, dem Leiter des russischen Auslandsgeheimdienstes Sergej Naryschkin, und dem russischen Außenminister Sergej Lawrow unterstützt wurde. „Es gibt dafür keine Beweise, und wenn ich über diese ausländischen Einflüsse spreche, meine ich, dass das System in Rumänien koordiniert und kontrolliert wurde“, wird Georgescu von Newsweek zitiert. Die Nachrichtenseite verweist auch auf einen offiziellen TikTok-Bericht, in dem steht, dass die rechtsextreme Partei AUR ein Netzwerk von 27.000 Fake-Accounts auf der Plattform unterhält, um den rumänischen Wahldiskurs zu manipulieren. Da TikTok ein einflussreicher Kanal ist, hat Albanien ihn aus Sorge um die Jugendgewalt für ein Jahr gesperrt, wie Kostas Koukoumakas auf iMEdD Lab berichtet, nicht ohne seine Bedenken hinsichtlich der Meinungsfreiheit zu äußern.

Auch wenn sich Georgescu als Opfer von Desinformation darstellt, sind seine lobenden Worte für Trump, die Unterstützung, die er seinerseits von Trump-Bewunderern erhält, der geplante Besuch von Donald Trump Jr. in Rumänien nur wenige Tage vor den Wahlen und seine zahlreichen kremlfreundlichen Statements alles Anzeichen für amerikanische und russische Einflussnahme.

Ebenfalls in einem Interview mit Tucker Carlson lobte Steve Witkoff, seines Zeichens Sondergesandte des US-Präsidenten für die Lösung des Konflikts mit Russland, Wladimir Putin und sagte, dass er ihn möge. „Ich glaube nicht, dass Putin ein schlechter Mensch ist“, meint er und hält den russischen Präsidenten für „superschlau“, wie die bulgarische Nachrichtenplattform Mediapool berichtet.

Die von Hotnews veröffentlichten Wahlumfragen zeigen, dass George Simion, Kandidat der rechtsextremen Allianz für die Union der Rumänen (AUR), mit rund 35 % der Stimmen vorne liegt. Ihm folgen der linke unabhängige Kandidat Viktor Ponta (23 %) und der liberale Bukarester Bürgermeister Nicușor Dan (16 %). Dahinter liegt der Kandidat der regierenden liberal-sozialdemokratischen Koalition, Crin Antonescu (15 %). Nicușor Dan punktete kürzlich in Moldawien, nachdem er in der moldawischen Zeitung Ziarul de Gardă gesagt hatte, dass er „ein Eingreifen der NATO beantragen würde, wenn Russland Moldawien angreift“ und dass er den EU-Beitritt des Landes befürworte

Es bleibt abzuwarten, wie die Rumäninnen und Rumänen abstimmen und ob George Simion sich durchsetzen wird. „Helfen wird ihm, dass er anstelle des „Märtyrers“ Georgescu ins Rennen geht, weil dieser von eben jenem Regime ausgeschlossen wurde, das die Frustration der Leute über Jahrzehnte hinweg genährt hat”, erklärt der Politikwissenschaftler Dani Sandu auf der rumänischen Nachrichtenplattform PressOne.

Bulgarien und Kroatien

Auch in Bulgarien ist die politische Lage angespannt. Unter bestimmten Politikern wird dort die Forderung laut, dass der ehemalige Premierminister und Vorsitzende der GERB-Partei, Boiko Borissow (Mitte-Rechts) für das Präsidentenamt bei den Wahlen von 2027 kandidieren solle, was die politische Dynamik des Landes verändern könnte, wie Mediapool berichtet. Zudem sorgt eine umstrittene Äußerung des sozialistischen Präsidenten Rumen Radew derzeit für Schlagzeilen, wie ebenfalls Mediapool berichtet. Er hatte behauptet, dass „der Krieg in der Ukraine Europa in den Abgrund reißt“, was die komplexe Position Bulgariens zwischen EU-Solidarität einerseits und der historisch bedingten Moskautreue andererseits widerspiegelt.

Auch Kroatiens Präsident Zoran Milanović wurde vergangenen Monat mit Russland in Verbindung gebracht. Vlado Vurušić von der kroatischen Tageszeitung Jutarnji List bezeichnete ihn als „russischen Player“, nachdem sich der Präsident bei einem Besuch in Montenegro gegen Ukraine-Hilfen ausgesprochen hatte.

Aktuelle Informationen über die Proteste in der Region

In Ungarn demonstrierten am 15. März laut Mediapool Zehntausende gegen Premierminister Viktor Orbán. Nachdem die kroatische Zeitung Jutarnji List berichtet hatte, dass die Orbán- Regierung die Budapest Pride verbieten wolle, wurde ein Gesetz zum Verbot von LGBT-Pride-Veranstaltungen verabschiedet. Cristian González Cabrera von Human Rights Watch forderte die EU-Kommission daraufhin auf, rechtliche Schritte zum Schutz des Rechts auf freie Meinungsäußerung einzuleiten.

Die griechischen Proteste gegen das Zugunglück von Tempi gehen ebenfalls weiter. Die Tageszeitung Efimerida ton Syntakton berichtet, wie Studentinnen und Studenten nach einer Militärparade auf die Straße gingen, um damit erneut ihre Wut über den Vorfall zum Ausdruck zu bringen.

Doch auch wenn die Bürgerproteste gegen autoritäre Regierungen in der Region nicht abreißen, bleibt Südosteuropa gefangen zwischen dem Wunsch nach europäischer Integration einerseits und nationalistischen Impulsen andererseits.

In Zusammenarbeit mit Display Europe, kofinanziert von der Europäischen Union. Die geäußerten Ansichten und Meinungen sind jedoch ausschließlich die des Autors/der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Union oder der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologie wider. Weder die Europäische Union noch die Bewilligungsbehörde können für sie verantwortlich gemacht werden.
ECF, Display Europe, European Union
Weitere Kommentare anzeigen Ich werde Mitglied, um Kommentare zu übersetzen und Diskussionsbeiträge zu leisten

Seit den 1980er Jahren und der Finanzialisierung der Wirtschaft haben uns die Akteure der Finanzwirtschaft gelehrt, dass sich hinter jeder Gesetzeslücke eine kurzfristige Gewinnmöglichkeit verbirgt. All das und mehr diskutieren wir mit unseren Investigativ-Journalisten Stefano Valentino und Giorgio Michalopoulos. Sie haben für Voxeurop die dunklen Seiten der grünen Finanzwelt aufgedeckt und wurden für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet.

Veranstaltung ansehen >

Sie sind ein Medienunternehmen, eine firma oder eine Organisation ... Endecken Sie unsere maßgeschneiderten Redaktions- und Übersetzungsdienste.

Unterstützen Sie Journalismus, der nicht an Grenzen Halt macht.

Nutzen Sie unsere Abo-Angebote oder stärken Sie unsere Unabhängigkeit durch eine Spende.

Zum gleichen Thema