Nachrichten Sie haben die Krise überwunden (1/3)

Slowakei : Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott

Von Bratislava aus gesehen ist die Rettung Spaniens die jüngste Folge einer schlechten Seifenoper, die vor fünfzehn Jahren begann. Damals musste sich die Slowakei ganz auf sich allein gestellt von einer schlimmen Bankenkrise erholen. Eine Lektion, die zum Nachdenken anregt, meint SME.

Veröffentlicht am 26 Juni 2012 um 10:30

Würde man allen Staaten südlich klingende Namen geben, dann erinnert die jüngste Entwicklung der Krise innerhalb der Eurozone an die hanebüchenen Telenovelas, jene Seifenopern aus Lateinamerika voller unerwarteter Wendungen, mit einem Mix aus Lüge, Liebe und Verrat. Und wie in jeder ordentlichen Telenovela wird das Drehbuch auf die Schnelle zusammengebastelt.

Es gibt in Spanien genau so viele leerstehende Häuser wie in den USA, die doch sechs Mal größer sind. Ihr Wert ist nach und nach zusammengebrochen und wird noch weiter sinken. Zunächst hatten die Banken, welche den Bau dieser Geisterstädte mittels günstigen Eurokurses finanziert haben, den Kopf in den Sand gesteckt. Ebenso wie die Politiker in Spanien und Europa.

Zypern braucht eine Taschengelderhöhung

Die 100-Milliarden-Hilfe für Spanien wird die Rekapitalisierung des spanischen Finanzsystems ermöglichen. Was erklärt, dass im Gegensatz zu beispielsweise Griechenland den Spaniern keine strengen Auflagen aufgezwungen wurden. Und genau hier wird die Sache nun heikel.

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In Griechenland schimpft [das radikale Linksbündnis] Syriza lauter denn je: Warum müssen die Griechen gewisse Bedingungen erfüllen, die Spanier aber nicht? Die Iren, die sich bisher ruhig und diszipliniert gezeigt haben, erhoben auch ihre Stimme: Wie kann man die extrem harten Sparmaßnahmen rechtfertigen, die ihnen nach Platzen der Immobilienblase verordnet wurden? In der Hazienda Euroland hebt heute sogar das ganz kleine Zypern schüchtern die Hand, denn bald wird es auch eine Taschengelderhöhung brauchen.

Eine Hauptfigur bleibt im Hintergrund

War’s das? Noch lange nicht. Wird sind erst bei der vierundvierzigsten Folge der Serie (und ebenso vielen Kommuniqués der Euro-Gruppe zur Stabilität der Gemeinschaftswährung seit Beginn der Griechenlandkrise)

Die Portugiesen haben fast drei Viertel ihrer Hilfen verbraucht, doch der Zugang zu den Rentenmärkten ist immer noch nicht in Sicht.

Mit den Banken ist in Spanien die Geschichte auch noch nicht beendet. Die Provinzen sind pleite, die Arbeitslosigkeit ist heute die höchste in Europa: die öffentlichen Finanzen des Landes sind nicht zu beneiden. Sobald die Schuldzinsen die fatale 7-Prozent-Marke übersteigen werden, der man gefährlich nahekommt, wird das Land mit beiden Händen betteln gehen müssen. Die Finnen haben unterdessen gewarnt, dass sie ohne Garantien niemandem auch nur einen einzigen Cent leihen werden. Aber im Grunde ist das unwichtig. Denn alle warten auf den Auftritt des Hauptdarstellers — Italien —, der noch immer diskret im Hintergrund bleibt.

Es war einmal…

Und was soll man über die Slowakei sagen? Über die Slowakei, die sich darauf vorbereitet, Steuern zu erhöhen oder neue Steuern einzuführen (14 Änderungen sind vorgesehen), um die zusätzliche eine Milliarde Euro einzutreiben, die man Spanien versprochen hat? Nun, die Slowakei könnte ihrerseits das Drehbuch um ein Kapitel bereichern. Ungefähr so :

Es war einmal, anno 1999, ein kleines Land in Mitteleuropa, dessen Bankensystem kollabierte. Die Mächtigen des Landes entschieden also, gemeinsam einen Konjunkturplan zu erarbeiten. 125 Milliarden Kronen (rund 4 Milliarden Euro) — zu damaliger Zeit satte 10 Prozent des BIP! Die slowakischen Steuerzahler erklärten sich bereit, die Zeche zu zahlen, auch wenn die Summe eine erhebliche war. Jeder Haushalt wurde mit rund 100.000 Kronen [ca. 3.300 Euro] zur Kasse gebeten, was ungefähr dem durchschnittlichen Netto-Jahreseinkommen entsprach...

Würden die Rückzahlung der 100 Milliarden Euro Hilfe unter allen Spaniern aufgeteilt, würde das jedem spanischem Haushalt 6000 Euro kosten, was weniger als ein Drittel des durchschnittlichen Jahreseinkommens ist. Aber in Europa hilft greift man sich gegenseitig unter die Arme. Wer weiß, vielleicht schenken uns die Spanier im Gegenzug irgendwann einmal eine Hazienda an der Costa del Sol.

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