"Typisch tschechischer Streik“, titelt die Lidové noviny und spielt damit auf den braven Soldaten Schwejk aus dem gleichnamigen Schelmenroman des tschechischen Autors Jaroslav Hašek an, dessen Hauptperson ein einfältiger, eigensinniger Prager Soldat ist. Der Held der Nationalliteratur inspiriert die Prager dazu, Missstände geduldig zu ertragen. Anstatt gegen den Streik zu protestieren, der von den Gewerkschaften gegen die von der Regierung durchgedrückte Sparpolitik - insbesondere die Rentenreform - organisiert worden war, haben die Prager die Gelegenheit anders genutzt: während kein einziger Zug fuhr und die Prager U-Bahn zum ersten Mal in ihrer Geschichte stillstand, wich so mancher Prager auf das Fahrrad oder blieb gleich zu Hause und gönnte sich ein extralanges Wochenende, wie die Prager Tageszeitung bemerkt. Finanzminister Miroslav Kalousek, der auf die Straße gegangen war, um mit den Demonstranten zu diskutieren, sei ganz knapp einem Eier- und Tomatenhagel entkommen. "Der Ausbruch des Volkszorns, das soziale Armageddon und der Einfall des französischen Esprits in Osteuropa haben den Schwejk-Geist der Tschechen vor den Kopf gestoßen“, kommentiert dazu Hospodářské noviny.
Kategorien
Tags
Unterstützen Sie den unabhängigen europäischen Journalismus
Die europäische Demokratie braucht unabhängige Medien. Voxeurop braucht Sie. Treten Sie unserer Gemeinschaft bei!