Zu prüfende Aussage: Mit der Gründung der Net Zero Asset Managers Initiative im Dezember 2020 verpflichtete sich eine Gruppe von Vermögensverwaltungsgesellschaften aus der ganzen Welt, „das Ziel zu unterstützen, bis 2050 oder früher Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu erreichen, im Einklang mit den weltweiten Bemühungen, die Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen“. Hierzu sollten Investitionen in nachhaltige Aktivitäten gelenkt werden – solche, die zur Verringerung der globalen Treibhausgasemissionen beitragen, die für die Klimakrise verantwortlich sind.
Kontext: In Artikel 2.c des Pariser Klimaschutzübereinkommens wird gefordert, dass die Finanzströme mit „einem Weg, der zu geringen Treibhausgasemissionen und einer klimaresistenten Entwicklung führt“, in Einklang stehen. Mehr als 230 Banken und Vermögensverwaltungsgesellschaften weltweit haben sich den Net Zero Asset Managers angeschlossen, die 2020 in der Absicht gegründet wurden, „das Ziel zu unterstützen, bis 2050 oder früher Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu erreichen, im Einklang mit den weltweiten Bemühungen, die Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen“ und das Klimaschutzübereinkommen einzuhalten – aber ihre „grünen“ Investitionen erzählen eine andere Geschichte.
Der 2020 gegründeten Net Zero Asset Managers Initiative (NZAMI) für „Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 oder früher, im Einklang mit den weltweiten Bemühungen, die Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen“ gehören über 230 Vermögensverwaltungsgesellschaften an, darunter mehrere europäische wie die deutsche DWS, die niederländische Robeco, die französische AXA und die italienische Eurizon. Auch die US-Giganten BlackRock und JP Morgan, die bereits wegen ihrer „grünen“ Investitionen in die fossile Brennstoffindustrie Gegenstand unserer Untersuchungen waren, hatten sich der Initiative angeschlossen.
Die Initiative hatte die institutionelle Unterstützung der Plattform Principles for Responsible Investment der Vereinten Nationen, einem Netzwerk, in dem sich die Unterzeichnenden unter anderem dazu verpflichten, „ESG-Aspekte in die Investitionsanalyse und Entscheidungsprozesse“ einzubeziehen. ESG steht dabei für Environmental, Social and Governance und bezeichnet die Kriterien, die zur Bewertung der Nachhaltigkeit und der ethischen Auswirkungen einer Investition herangezogen werden.
Net Zero Asset Managers hat ein großes Medienecho hervorgerufen und den Eindruck erweckt, ein Vektor des Wandels zu sein. „Net Zero Asset Managers verwaltet Vermögen in Höhe von 66 Billionen Dollar“ titelte zum Beispiel im November 2022 das Fachmagazin ESG Today. In dem Artikel wird erläutert, dass sich die Unterzeichner dazu verpflichten, „ihre Anlageportfolios schrittweise so umzugestalten, dass sie bis 2050 das Ziel von Netto-Null-Treibhausgasemissionen (THG) erreichen“. Auch auf der UN-Website wurde der Initiative in einem Artikel vom April 2021 in der Rubrik „Klimaschutz“ gebührender Platz eingeräumt: „Führende Finanzakteurinnen und -akteure unterstützen Netto-Null“, hieß es dort.
Der mediale und institutionelle Erfolg der Initiative ermöglichte es einer großen Zahl der ihr angehörenden Vermögensverwaltungsgesellschaften, damit zu werben, dass sie ihre Investitionen am Pariser Klimaschutzübereinkommen ausrichten und sich in der Öffentlichkeit als nachhaltigkeitsbewusst zu präsentieren.
Das formale Engagement für die Initiative war jedoch nur von kurzer Dauer. Im Januar 2025 zogen sich Unterzeichnende wie BlackRock und JP Morgan zurück. Infolgedessen wurden die Aktivitäten der NZAMI ausgesetzt. Die Initiative befindet sich nun ihrer eigenen Erklärung zufolge in einer Überprüfungsphase, „um sicherzustellen, dass die NZAMI auch im neuen globalen Umfeld zweckmäßig bleibt“, wie es auf der Website ebenfalls im Januar 2025 heißt. Haben die Unterzeichnenden in der Zeit, in der die Initiative aktiv war, ihre viel gepriesenen Verpflichtungen zu „Netto-Null-Treibhausgasemissionen“ erfüllt?
Wie unsere Untersuchung zeigt, hielten die Mitglieder von Net Zero Asset Managers während ihrer gesamten Tätigkeit, bzw. im letzten Quartal 2023, in ihren „grünen“ Anlageportfolios Aktien fossiler Brennstoffunternehmen im Wert von 25 Milliarden USD. Und nicht nur das: Diese 25 Milliarden gingen alle in Unternehmen, die an sogenannten „Kohlenstoffbomben“ beteiligt sind.
Der 2022 von Kjell Kühne, einem Aktivisten und Experten der Nichtregierungsorganisation Leave it in the ground (Lingo), geprägte Begriff bezeichnet Projekte zur Förderung fossiler Brennstoffe, die während ihrer verbleibenden Lebensdauer mehr als eine Gigatonne CO₂ (1 GtCO₂) erzeugen. Nach Ansicht von Expertinnen und Experten sollten solche Projekte so schnell wie möglich stillgelegt werden, um das Pariser Klimaschutzübereinkommen einzuhalten.
Investitionen in fossile Brennstoffe von „Netto-Null“-Vermögensverwaltungsgesellschaften
Wir haben Daten der Plattform London Stock Exchange Data & Analytics (LSEG) analysiert, und die identifizierten „grünen“ Fonds sind diejenigen, die unter die Europäische Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (Sfdr) fallen, die im Jahr 2021 in Kraft trat. Die Artikel 8 und 9 der Verordnung regeln die Verpflichtungen, die für das Bewerben von Produkten mit „ökologischen und sozialen“ Merkmalen bzw. für „nachhaltige Investitionen“ zu erfüllen sind. Auf die zehn unterzeichnenden Investmentgesellschaften der Net Zero Asset Managers, die am stärksten in fossile Anlagen investiert sind, entfielen 54 Prozent aller NZAM-Investitionen in dieser Branche.
Zu ihnen gehörten die deutsche DWS, die US-amerikanischen JP Morgan, BlackRock, Northern Trust und AllianceBernstein, die französische Amundi, die niederländische Robeco, die norwegische Storebrand und die italienische Eurizon, die zusammen etwas mehr als 14 Milliarden USD in fossilen Brennstoffunternehmen hielten.
Im Jahr 2023 warben viele dieser Investmentgesellschaften mit Begriffen wie „Nachhaltigkeit“ und „Innovation“ für Fonds mit Beteiligungen an fossilen Brennstoffunternehmen. So investierte zum Beispiel ein von der US-Finanzgesellschaft State Street angebotener Fonds, dessen Namen „Sustainable Climate“ enthielt, 7 Millionen Dollar in den Giganten Exxon. Der von der Vermögensverwaltungsgesellschaft Amundi vertriebene Fonds „Europe Climate Action“ investierte 18 Millionen Dollar in Aker, BP, Equinor und TotalEnergies.
Im vergangenen Jahr haben jedoch neue Richtlinien der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (Esma) der Verwendung von Wörtern mit Nachhaltigkeitsbezug in den Namen von Fonds, die in fossile Brennstoffunternehmen investieren, klare Grenzen gesetzt.
Wie wir jedoch in früheren Artikeln dieser Serie gezeigt haben, gibt es immer noch viele Vermögensverwaltungsgesellschaften, die über Fonds, die angeblich ökologische und soziale Merkmale bewerben, und über nachhaltige Fonds in fossile Brennstoffunternehmen investieren, während sie in Prospekten für Anlegende erklären, dass sie nachhaltige und ESG-Investitionsansätze verfolgen.
Insgesamt erhielten die zehn fossilen Brennstoffunternehmen, die den größten Anteil an „grünen“ Investitionen angezogen haben, 18 Milliarden Dollar. Laut Lingo sind diese an 82 Bergbauprojekten beteiligt, die von Kjell Kuhne als „Kohlenstoffbomben“ bezeichnet werden. Letzterem zufolge ist „die Menge an Emissionen, die sie [die Kohlenstoffbomben] erzeugen, größer als die, die ganz Deutschland – ein hoch industrialisiertes Land, das stark von fossilen Brennstoffen abhängig ist – in einem Jahr ausstößt“.
Es ist daher klar, dass die Investitionen der Net Zero Asset Managers Initiative nicht dazu beigetragen haben, die Nutznießer der fossilen Industrie davon zu überzeugen, diese 82 „Kohlenstoffbomben“ zu stoppen. Tatsächlich behaupten die Investmentgesellschaften oft, dass sie die Industrie durch ihre Teilnahme an Unternehmensversammlungen und den dort stattfindenden Abstimmungen in Richtung Übergang beeinflussen können. Darüber hinaus sind alle zehn genannten Investmentgesellschaften auch Unterzeichnende der von den Vereinten Nationen geförderten Prinzipien für verantwortliches Investieren (UNPRI), obwohl sie weiterhin in fossile Brennstoffe investieren.
In einem Bericht, der im November 2024 veröffentlicht wurde, schreibt die UNPRI, dass die politischen Entscheidungstragenden die Finanzmarktakteurinnen und -akteure anweisen sollten, „wirksame Marktmaßnahmen umzusetzen, den vollständigen und gerechten Abbau der Subventionen für fossile Brennstoffe zu beschleunigen und klare Pläne und Ziele für den schrittweisen Ausstieg aus der ungebrochenen Verwendung von fossilen Brennstoffen im Einklang mit glaubwürdigen 1,5°C-Pfaden aufzustellen.“
„Diese Unternehmen schaffen aktiv neue Kohlenstoffbomben. Wenn das Klima bereits gefährdet ist und außer Kontrolle gerät, sollte es jedoch oberste Priorität sein, keine neuen Kohlenstoffbomben zu schaffen“, kommentiert Kuhne.
„Ein grünes Investment sollte kein Geld an Unternehmen geben, die an der Lieferkette fossiler Brennstoffe beteiligt sind. Es sollte völlig frei von fossilen Brennstoffen sein. Das ist für mich ein entscheidendes Kriterium, um sich selbst als grün, nachhaltig und klimafreundlich zu bezeichnen“, fügt der Experte von Leave it in the Ground hinzu: „Diese Unternehmen sind heute das größte Hindernis für Fortschritte in Richtung Nachhaltigkeit. Wer einen grünen Fonds verkauft und gleichzeitig in Exxon investiert, führt seine Kundinnen und Kunden schlichtweg in die Irre.“
Wir haben die Net Zero Asset Managers Initiative wiederholt um eine Stellungnahme zu unseren Enthüllungen gebeten, ohne eine Antwort von ihr zu erhalten.
🤝 Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit IrpiMedia veröffentlicht; er ist Teil der Voxeurop-Untersuchung zum Thema grüne Finanzwirtschaft und wurde mit Unterstützung des European Media Information Fund (EMIF) erstellt.
Die alleinige Verantwortung für alle vom European Media and Information Fund geförderten Inhalte liegt bei den Autoren und spiegelt nicht unbedingt die Positionen des EMIF und der Fund-Partner, der Calouste Gulbenkian Foundation und des European University Institute, wider.
Seit den 1980er Jahren und der Finanzialisierung der Wirtschaft haben uns die Akteure der Finanzwirtschaft gelehrt, dass sich hinter jeder Gesetzeslücke eine kurzfristige Gewinnmöglichkeit verbirgt. All das und mehr diskutieren wir mit unseren Investigativ-Journalisten Stefano Valentino und Giorgio Michalopoulos. Sie haben für Voxeurop die dunklen Seiten der grünen Finanzwelt aufgedeckt und wurden für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet.
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