"Die werden das schon machen". Wahlplakate in Berlin, 18. September 2009 (AFP)

Vorsicht ist nicht!

Eigentlich sollten diese Wahlen große Dinge entscheiden. Doch statt großer Debatten werben Berliner Politiker mit wesentlich undramatischerer Tagespolitik. Der Wähler wolle unaufgeregte Politik, meinen sie. Missverständnis, warnt der Spiegel. Der Wähler hätte gerne Antworten.

Veröffentlicht am 25 September 2009
"Die werden das schon machen". Wahlplakate in Berlin, 18. September 2009 (AFP)

Als neue Nationalhymne Deutschlands schlägt Elke Schmitter in ihrem Essay im Spiegel "Don't worry, be happy" vor. Zuversichtlich lächelten die Kandidaten einer sicheren Zukunft entgegen. "Bloß keine Unvorhersehbarkeit", scheint das Leitwort zu sein. Politik, Parteien, Strategen lebten in der einigen Gewissheit, die Deutschen wollten eine konfliktarme Politik. "Jetzt bitte alles mit Vorsicht, dreimal bedacht. Und bitte ohne Gefühl". Falsch, sagt die Autorin. Die gern zitierte "Historische Inflation [...], Weimarer Republik und die Nazi-Zeit sind Daten aus dem Geschichtsbuch". Heute gehe es dem Wähler um "die krasse Ungerechtigkeit in der Verteilung von Wohlstand und Sicherheit, die Verschrottung der Natur, die dauerhafte Verelendung ganzer Weltregionen und schließlich die Vernachlässigung und Apathisierung der Chancenlosen in Deutschland." Die Politikkultur des unaufhörlichen Nachbesserns, "ein stures Weiter-So" seien keine Antworten auf die Probleme sind. Es ist "dringend Zeit für Experimente". Zum Originalartikel im Spiegel

PORTRÄTS

Mona Lisa gegen Beta-Tier

Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier haben vier Jahre lang zusammen regiert. Sie haben eng zusammengearbeitet, Mandat oblige. Ihr persönliches Verhältnis ist aber distanziert geblieben.

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Auf der einen Seite, "die Fremde", wie die FAZ sie nennt. Die Kanzlerin mit dem "Mona Lisa-Lächeln" (SZ) bleibt für die Deutschen ein Kuriosum, schreibt die Zeit. Dennoch bleiben die Deutschen der ersten Frau – aus dem Osten zudem –, die das wichtigste Amt der Republik eroberte, gewogen. Mehr noch als in ihrer Politik, liege hier ihr größter Erfolg. "Das Mädchen", das sich aus dem Schatten Helmut Kohls emanzipierte, und dem Die FAZ vorwirfteine linke Wirtschaftspolitik zu verfolgen, ist in der CDU immer noch nicht zu Hause.

Auf der anderen Seite, der Außenminister. "Der Mann mit den weißen Haaren ist nicht Kult geworden. Seine Partei hat ihn bloß nach vorne geschoben. Und er erfüllt seine Pflicht", schreibt die FAZ. Steinmeier ist das Gegenteil seines Ziehvaters Gerhard Schröder. Er ist kein eitler Selbstdarsteller. "Steinmeiers größtes Vergnügen sei es, in einer Runde von zehn Leuten mit zehn widersprüchlichen Meinungen so lange zu reden, bis alle mit dem Kompromiss zufrieden sind, sagt ein Vertrauter." Derjenigen, die die Deutschen als "kompetent" wahrnehmen, ist vor allem "in Moderator, ein Makler", ein "Beta-Tier", kein Kanzler.

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