EU

Zar Václav

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Veröffentlicht am 16 Oktober 2009

Die Tschechische Republik sollte von der Europäischen Union suspendiert werden, sie sollte an den Rand gedrängt werden... in Brüssel mehren sich die Vorschläge von Sanktionen gegen Prag aufgrund der Weigerung ihres Präsidenten Václav Klaus, den Vertrag von Lissabon zu ratifizieren. Aber müssen die Fehler ihres Präsidenten wirklich auf dem Rücken der Tschechen ausgetragen werden?

Die Macht des Staatschefs ist beschränkt und seine Rolle sollte rein repräsentativer Art sein. Aber Václav Klaus' Gefühl von intellektueller Überlegenheit lässt ihn ständig seine Funktion und seine Meinung verwechseln. Überdies kann er es auch nicht lassen, dies bei jeder Gelegenheit zu bestätigen. Um sich abzuheben, zögert er nicht, Ideen zu vertreten, die im Gegensatz zur allgemeinen Meinung stehen. So veröffentlicht Klaus zum Beispiel Bücher, in denen er erklärt, dass die Erde erkaltet, obwohl die Klimaerwärmung für Wissenschaftler wie auch für Politiker eine feststehende Tatsache ist.

Das gleiche gilt für Lissabon: Auch wenn die Tschechen möchten, dass er den Vertrag ratifiziert, widersetzt sich der Präsident. Besser noch, er kehrt Europa den Rücken und fliegt nach Moskau, um den russischen Firmen die Tore des tschechischen Nuklearsektors zu öffnen. Weil er sich in Europa keines hohen Ansehens erfreut, wird Klaus der "Mann sein, der es blockiert". Er wird seine Muskeln spielen lassen und das dadurch gewonnene kurzweilige Machtgefühl genießen. Diese Taktik funktioniert, denn er ist in der Tschechischen Republik immer noch beliebt, wie eine kürzlich in der Tageszeitung Lidové Noviny veröffentlichte Umfrage zeigt.

Kurz vor seiner Wiederwahl 2008 (durchs Parlament und nicht durch Volkswahlen) hatte die Wochenzeitung Respekt Klaus nahegelegt, seinen Narzissmus behandeln zu lassen, der ihn unfähig macht, die ihm von der Verfassung zugeteilte Rolle einzuhalten. Die Tschechische Republik gilt in Europa schon als sehr "exotisches" Land und sie ist es, die in dieser Situation die große Verliererin ist. Denn der von Brüssel ausgeübte Druck bestärkt Klaus in seiner Selbstverliebtheit, die wiederum das Land weiter isoliert. So verliert sich die Diskussion um Europa schließlich in Personalstreitigkeiten. M.B.

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