Es heißt, dass jeder Bergarbeiter von Roşia Montană einen Geheimgang von seinem Haus bis zum Goldbergwerk hatte. Nachprüfen kann man diese Geschichte aber nicht, denn die Romania Gold Corporation hat alle Häuser aufgekauft.
Bis dieses Partnerschaftsunternehmen zwischen der kanadischen Firma Gabriel Resources und dem rumänischen Staatsunternehmen Minvest das Gold aus Roşia Montană abbauen kann, bedarf es nur noch einer Umweltbescheinigung.
Der Krieg ist in vollem Gange. Der harte Kern derjenigen, die dagegen sind, dass das 2006 geschlossene Bergwerk wieder geöffnet wird, behauptet, das Projekt werde das Cârnic-Gebirge von der Landkarte streichen und ein Kulturerbe aus der Antike zunichte machen, als die Römer das Gold der Region abbauten. Weiter könne durch das Abbauverfahren mit Zyanid die ganze Region schwer geschädigt werden. Die Gold Corporation hingegen beteuert, sie werde die archäologischen Stätten mit Sorgfalt behandeln...
Gute Gründe, Angst zu haben
Die Finanzkrise hat den Goldpreis in schwindelnde Höhen getrieben und die Analysten setzen auf eine anhaltende Steigerung des Edelmetalls. Es handelt sich hier also um einen klassischen Kampf zwischen der Industriegesellschaft und den Vertretern der postindustriellen Gesellschaft, die sich der Ausbeutung der Natur entgegenstellen. Dieser Kampf spielt sich auf einem von seiner Bergbaugeschichte stark geprägten Gebiet ab, das bereits von ökologischen Auswirkungen betroffen ist, die nur schwer zu verarbeiten sind.
Das Wasser der Flüsse rund um das Bergwerk ist rot [wegen der Zyanidverschmutzung] und die aufgeschlitzten Hügel scheinen von einer Naturkatastrophe befallen worden zu sein. Während des Goldenen Zeitalters [wie es unter Ceauşescu genannt wurde] hatte die Minderung der Umweltverschmutzung beim kommunistischen Regime keine vorrangige Bedeutung. Die Lebensqualität der Menschen fiel nicht ins Gewicht. Sie haben also allen Grund, Angst zu haben.
Eines der Hauptprobleme des Projekts Roşia Montană ist also das mangelnde Vertrauen. Das Profil der Hauptaktionäre der an der Börse in Toronto gehandelten Gabriel Resources ist ganz typisch: Milliardäre mit großem Appetit auf finanzielle Spekulation. Zu ihnen gehören Paulson & Co. und Electrum Strategic Holdings, auf Gold spezialisierte Anlagefonds, und die Newmont Mining Corp (USA), einer der größten Goldproduzenten der Welt, zu deren Aktionären wiederum der Milliardär George Soros gehört.
Winkelinvestoren und Bananenrepublik
Der rumänische Staat ist über die Firma Minvest mit 19 Prozent der Anteile der größte Aktionär des Unternehmens. Doch seine Beteiligung scheint eher niedrig ausgefallen zu sein. Auf einem Berg zu sitzen, der – Schätzungen zufolge – in seinem Inneren bis zu 300 Tonnen Gold birgt, sollte doch zu einer etwas konsistenteren Beteiligung anregen. Der Vertrag über die Anteile des rumänischen Staats am Projekt wird geheim gehalten und Rumänien scheint von Winkelinvestoren wie eine Bananenrepublik behandelt zu werden.
Anderswo in Europa hingegen bauen Schweden und Norwegen aktiv Gold ab. Der schwedische Staat hat für seine Goldvorkommen Konzessionen ausgegeben und beschränkt sich darauf, an Steuern, Gebühren und Abgaben zu verdienen. Keine offensichtliche oder unterschwellige Aufregung. Das Thema wird als gewinnerzeugendes Geschäft behandelt und die Bergbauindustrie macht 0,3 Prozent des BIP des Landes aus. Die Einhaltung der Normen wird streng überprüft. Bei uns fehlt es an solchen Dingen.
Im Mittelpunkt steht der Goldrausch. Das Projekt Roşia Montană verspricht, innerhalb von 16 Jahren Gold im Wert von über 16 Milliarden Dollar abzubauen. Doch sollte der kanadische Investor vertrieben werden, so könnte er vom rumänischen Staat horrenden Schadenersatz verlangen.
Roşia Montană hingegen wird wohl eine Geisterstadt bleiben, denn 80 Prozent der Gebäude sind heute im Besitz der Gold Corporation. Die schwer zugänglichen archäologischen Überreste reichen nicht aus, um Touristen anzulocken. Die lokale Bevölkerung hat nicht viele Chancen auf dem Arbeitsmarkt und auch nicht die Mittel, um in Tourismus zu investieren. Die wenigen Gasthäuser der Region sind alles andere als rentabel und die Ortschaft ist nur durch diese ganze Kontroverse attraktiv geworden... (pl-m)
Budget
Wie Bukarest Geld verdienen will
"Präsident Traian Băsescu hat angekündigt, die Umsetzung dieses Projekts sei notwendiger denn je zuvor: Das Land müsse seine Goldreserven verdoppeln und man werde zudem Arbeitsplätze schaffen", berichtet Evenimentul Zilei. Die Tageszeitung geht die vielen Modalitäten durch, mit welchen der rumänische Staat an dem Projekt verdienen will, in das die Kanadier eine Milliarde Dollar (ca. 700 Mio. Euro) investieren müssen. Neben den 1,8 Milliarden Dollar (ca. 1,2 Mrd. Euro) an direktem Verdienst (Dividenden, Steuern, Gebühren), wird das Projekt Arbeitsplätze schaffen und wirtschaftliche Tätigkeit in Höhe von zusätzlichen 2,5 Milliarden Dollar (1,7 Mrd. Euro) generieren. "Doch was ist mit den potentiellen Interessenkonflikten zwischen dem Staat als Aktionär und dem Staat als Behörde, die sich vergewissern muss, dass das besagte Unternehmen die Regeln befolgt?" fragt Evenimentul Zilei.
Interessiert Sie dieser Artikel?
Er ist dank der Unterstützung unserer Community frei zugänglich. Die Veröffentlichung und Übersetzung unserer Artikel kostet Geld. Um Sie weiterhin unabhängig informieren zu können, brauchen wir Ihre Unterstützung.
Abonnieren oder Spenden
Seit den 1980er Jahren und der Finanzialisierung der Wirtschaft haben uns die Akteure der Finanzwirtschaft gelehrt, dass sich hinter jeder Gesetzeslücke eine kurzfristige Gewinnmöglichkeit verbirgt. All das und mehr diskutieren wir mit unseren Investigativ-Journalisten Stefano Valentino und Giorgio Michalopoulos. Sie haben für Voxeurop die dunklen Seiten der grünen Finanzwelt aufgedeckt und wurden für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet.
Veranstaltung ansehen >