Ideen Nach der Covid-19-Krise

Zeit für eine democratische Weltordnungspolitk

Die Coronavirus-Pandemie hat eine weltweite Gesundheits- und Wirtschaftskrise ausgelöst, die auch weltweite Lösungen benötigt. Die national-internationale Struktur ist jedoch nicht fähig, eine angemessene Antwort darauf zu bieten. Führende DenkerInnen auf der ganzen Welt haben dieses Dokument unterzeichnet, um von politischen Führungskräften und internationalen Institutionen eine Stärkung der Vereinten Nationen, der Weltgesundheitsorganisation und international existierenden, schwachen Strukturen zu fordern, in denen die Prinzipien von Föderalismus und Demokratie weltweit umgesetzt werden.

Veröffentlicht auf 23 Juni 2020 um 09:45

Die aktuelle Coronavirus-Krise erfordert globale Kooperation und Lösungen, die das existierende national-internationale politische System nicht bieten kann. Sieben Milliarden Menschen leben nun in einer Welt, die von Wirtschaft und Technologie globalisiert, aber politisch noch in fast 200 Nationalstaaten getrennt ist, von denen jeder separate Maßnahmen mit wenig Koordination und Effektivität unternimmt. Die COVID-19-Pandemie zeigt, dass jeder von ihnen die eigenen Ziele und Interessen vorzieht, was unnötigen Schaden an der Weltwirtschaft und der globalen Gesellschaft anrichtet und tausende Menschenleben kostet.

Definitionsgemäß sind Nationalstaaten nicht dazu im Stande, sachgerecht mit globalen Problemen umzugehen. Ihr Versagen betrifft nicht nur ihre eigenen BürgerInnen, sondern hat auch einen Ausstrahlungseffekt auf alle BewohnerInnen dieses hyper-vernetzten Planeten, wodurch weltweit() Gemeingüter geschädigt werden. Globale Kooperation und Konzepte sind dringend notwendig, um das () Ökosystem und die öffentliche Gesundheit zu verteidigen, und um die Wirtschaft und Arbeitsplätze auf der ganzen Welt zu beschützen. Natürlich muss nationale Souveränität in nationalen Angelegenheiten weiterhin respektiert werden, aber globale EntscheidungsträgerInnen sind auch notwendig, um den Wohlstand und das Überleben der Menschheit als Ganzes zu sichern.

Um Pandemien wie COVID-19 effektiv zu bekämpfen, brauchen wir konkrete, bindende Maßnahmen auf globaler Ebene, z. B. Frühwarnsysteme, Informationsaustausch, Umsetzung von Normen, Management von grenzüberschreitenden Übertragungen und Impfstoff-Forschung. Obwohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) diese Funktionen auf globaler Ebene bereitstellen soll, fehlen ihr die Mittel und Mechanismen zur Umsetzung.

Bis heute erfüllen 127 UN-Mitgliedsstaaten noch immer nicht die Auflagen, ob aus finanziellen oder politischen Gründen, sodass die WHO nicht in Länder eingreifen kann, welche die internationalen Gesundheitsverordnungen und existierende globale Krankheitskontrollmechanismen – z. B. PEF, CEF und GHSA – nicht umsetzen und damit eine fragmentierte globale Strategie mit unzusammenhängenden Mitteln, Konzepten und schwacher Autorität darstellen. Die Krise zeigt allen, dass das aktuelle national-internationale System völlig unvorbereitet ist, mit globalen Pandemien wie COVID-19 umzugehen, genauso wie mit weltweiten Problemen wie der ()mikrobiellen Resistenz und dem Klimawandel.

Wir, die UnterzeichnerInnen, einige wenige von sieben Milliarden WeltbürgerInnen, bitten StaatschefInnen und internationale Institutionen dringend, aus derCoronavirus-Krise zu lernen. Lasst uns zusammen arbeiten, um ein besser integriertes politisches System des 21. Jahrhunderts möglich zu machen, indem wir regionale Institutionen unterstützen, die UN reformieren und () jede Regierungsebene repräsentativer und effektiver () gestalten, z. B. durch die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung bei der UN, die weltweite Gesundheitsrichtlinien liefern kann, durch die Stärkung des Internationalen Gerichtshofs, der Verletzungen bestrafen kann und durch eine Ausstattung der Weltgesundheitsorganisation, die mit globalen Gesundheitsrisiken besser umgehen kann.

Wir, die UnterzeichnerInnen, schlagen keinen Weltstaat und keine Weltregierung vor. Nationalstaaten sind notwendig, um nationale Probleme zu lösen, aber ein stärkeres Weltordnungssystem ist notwendig, um globale Probleme wie diese Pandemie zu lösen. Ansonsten wird die Panik, die durch ungenügende nationale Antworten auf wiederkehrende Krisen entstanden ist, mehr Unzufriedenheit und Wut sä()en und nationale Demokratien untergraben und Nationalismus und Populismus stärken, die mit einfach gestrickten “Souveränitäts-Phrasen" in komplexen Situationen Antworten geben wollen und das menschliche Zusammenleben bedrohen.
Die Menschheit ist eine Schicksalsgemeinschaft geworden.

Hoffentlich hat uns die Coronavirus-Pandemie gelehrt, wie klein die Erde ist und wie nahe wir uns sind. Die Zeit ist gekommen, die Prinzipien von Föderalismus und Demokratie auf globaler Ebene umzusetzen. Es gilt, eine Entscheidung zu treffen zwischen geteilter Souveränität, Koordination und Kooperation auf der einen oder Nationalpopulismus auf der anderen Seite. Eine föderalistischere und demokratischere politische Struktur, welche die Globalisierung regulieren kann, oder Krisen und Chaos. Das ist die Frage, der wir uns stellen müssen.

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Sie können dem Aufruf beitreten und die vollständige Liste der Unterzeichner hier einsehen.

Die Unterzeichner:

Saskia Sassen, Columbia University

Fernando Savater, Universidad Complutense de Madrid

Richard Sennett, OBE FBA - London School of Economics

Susan George, Transnational Institute

Fernando Iglesias, Cátedra Spinelli – World Federalist Movement

Daniel Innerarity, University of the Basque Country - European University Florence

Daniele Archibugi, Consiglio Nazionale delle Ricerche, University of London

Luigi Ferrajoli, Università di Roma

Michele Fiorillo, Scuola Normale Superiore - CIVICO Europa

Lucio Levi, Universitá di Torino

Guido Montani, Università di Pavia

Nathalie Tocci, Istituto Affari Internazionali (IAI)

Abdullahi A An-Naim, Universidad Emory

Sabrina Ajmechet, Universidad de Buenos Aires

Federico Andahazi, author

Bertrand Badie, Universités à Sciences Po Paris

Manu Bhagavan, Hunter College

Garret Brown, University of Leeds

Andreas Bummel, Democracy Without Borders

Mary Burton, University of Cape Town

Raimondo Cagiano de Azevedo, University of Rome

Juan Campanella, film director

Luis Cabrera, Griffith University

Jorge Castro, journalist

Nando Dalla Chiesa, Universitá degli Studi di Milano

Richard Falk, Princeton University – Queen Mary University

Dena Freeman, London School of Economics and Political Science

Cristian Giménez Corte, professor

Maximiliano Guerra, dancer

Elver Hilal, UN Special Rapporteur on Right to Food

Gurutz Jáuregui, University of the Basque Country

Santiago Kovadloff, Academia Argentina de Letras

Raffaele Marchetti, Libera Università Guido Carli (Luiss)

Lorenzo Marsili, University of London - European Alternatives

Tim Murithi, University of Cape Town

Nissim Otmazgin, The Hebrew University of Jerusalem

Vicente Palermo, CONICET - Club Político Argentino

Gabriel Palumbo, Universidad de Buenos Aires

Heikki Patomäki, University of Helsinki

Steven Pinker, Harvard University

Clara Riveros, CPLATAM Colombia

Javier Ansuátegui Roig, Universidad Carlos III de Madrid

Luis Alberto Romero, Academia Argentina de Historia

Juan José Sebreli, author

Sreemathi Seshadrinathan, Hearts for Hearts

Teivo Teivainen, University of Helsinki

Theo van Boven, Maastricht University

Fernando Vilella, Universidad de Buenos Aires

Loris Zanatta, Universitá di Bologna

Organisationen der Zivilgesellschaft, die das Dokument unterstützen:

Democracia Global (Argentina)

Asian Youth Center (USA)

Asociación Civil Usina de Justicia (Argentina)

Babel (France)

Center for United Nations Constitutional Research (Belgium)

Centro de Estudios para la Integración Democrática (Argentina)

Citizens for Global Solutions (USA)

Club of Rome - EU Chapter (Belgium)

Coalición Dominicana de Apoyo a la Corte Penal Internacional (Dominican Republic)

Comisión por la Carta Democrática Interamericana (Dominican Republic)

Cultura Democrática (Argentina)

Democracy Without Borders (Germany)

Federalismo y Libertad (Argentina)

Fundación Dominicana para la Alfabetización (Dominican Republic)

Fundación Federalista Dominicana (Dominican Republic)

Fundacion Nacional para la Democracia (Dominican Republic)

Fundación por los Valores Humanos y la Ecología (Dominican Republic)

Fundacion Seguridad y Democracia (Dominican Republic)

Hearts for Hearts (India)

One Shared World (Spain)

One World: Movement for Global Democracy (Israel)

Organización Dominicana de Estudio y Promoción de las Relaciones Internacionales (Dominican Republic)

Red Dominicana por la Democracia (Dominican Republic)

Saya Anak Bangsa Malaysia (Malaysia)

South Asian Federalists (India)

The One World Trust (UK)

UEF France (France)

World Citizens Association of Australia (Australia)

World Federalist Movement Canada (Canada)

World Federalist Movement - Institute for Global Policy 

Young European Federalists

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