Ein rumänischer Tourist beim Verlassen der Wahlkabine im Badeort Mamaïa, 29. Juli 2012.

„Das Referendum verstärkt die politische Krise“

Die Volksabstimmung über die Amtsenthebung von Präsident Traian Băsescu besagt zweierlei: Mit einer Wahlbeteilung von nur 46,23 Prozent ist das Referendum ungültig. Der Präsident kann im Amt bleiben. Allerdings stimmten 87,52 Prozent Rumänen für die Absetzung. Der Staatschef ist stark geschwächt.

Veröffentlicht am 30 Juli 2012 um 15:02
Ein rumänischer Tourist beim Verlassen der Wahlkabine im Badeort Mamaïa, 29. Juli 2012.

„Knapp 9 Millionen Rumänen haben Băsescu deutlich zu verstehen gegeben, dass er nichts mehr im Cotroceni [dem Präsidentenpalast] zu suchen habe“, schreibt Jurnalul Naţional. „Auch wenn er dorthin wieder zurückkehren kann, muss er sich eher wie ein Dieb hineinschleichen“. Die der Regierungskoalition von Victor Ponta nahestehende Tageszeitung erklärt sich das Ergebnis damit, dass ...

der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán 1,5 Millionen rumänische Bürger [die magyarische Minderheit] aufrief, an dem Referendum nicht teilzunehmen. [...] Das unangemessene Verhalten bestimmter europäischer Politiker [die den sogenannten „Staatsstreich“ öffentlich verurteilten] hat für eine anti-europäische Stimmung im Land gesorgt. [...] Da eine Zusammenarbeit mit Präsident Băsescu unmöglich ist, wird dieser den politischen Schein nicht mehr lange aufrechterhalten können. Sicherlich nicht bis 2014 [den nächsten Präsidentschaftswahlen].

Romania libéră dagegen befürchtet, dass ...

Cover

Das Beste vom europäischen Journalismus jeden Donnerstag in Ihrem Posteingang!

die Ungültigkeit des Referendums die politische Krise nicht löst, sondern noch verstärkt. In den nächsten Tagen werden Spannungen, Demonstrationen auf den Straßen und sehr wahrscheinlich neue Versuche seitens der Sozialisten folgen, um Traian Băsescu auszubooten — mit politischer und wirtschaftlicher Instabilität des Landes als Nebenwirkung.

Unterdessen hat die rumänische Währung Leu seit Beginn der politischen Krise sieben Prozent gegenüber dem Euro verloren. Adevărul kündigt für den 31. Juli die Ankunft des IWF in Bukarest an, um ...

die durch den Politikskandal entstandenen Probleme abzuschätzen.

Unter dem Strich sei die rumänische Demokratie die große Verliererin, bedauert Gândul:

Die Demokratie wurde Opfer eines kollektiven Missbrauchs. Zunächst durch Ministerpräsident Victor Ponta und dem kommissarischen Präsidenten Crin Antonescu, die mit vereinten Kräften und am Rande der Legalität alles daran setzten, den Präsidenten seines Amtes zu entheben. Dann durch den Präsidenten selbst, der den demokratischen Charakter der Volksabstimmung missbrauchte, indem er zum Boykott aufrief. Und schließlich durch das Volk, welches das Wesen der Demokratie nicht zu schätzen wusste.

Tags
Interessiert an diesem Artikel? Wir sind sehr erfreut! Es ist frei zugänglich, weil wir glauben, dass das Recht auf freie und unabhängige Information für die Demokratie unentbehrlich ist. Allerdings gibt es für dieses Recht keine Garantie für die Ewigkeit. Und Unabhängigkeit hat ihren Preis. Wir brauchen Ihre Unterstützung, um weiterhin unabhängige und mehrsprachige Nachrichten für alle Europäer veröffentlichen zu können. Entdecken Sie unsere drei Abonnementangebote und ihre exklusiven Vorteile und werden Sie noch heute Mitglied unserer Gemeinschaft!

Sie sind ein Medienunternehmen, eine firma oder eine Organisation ... Endecken Sie unsere maßgeschneiderten Redaktions- und Übersetzungsdienste.

Unterstützen Sie den unabhängigen europäischen Journalismus

Die europäische Demokratie braucht unabhängige Medien. Voxeurop braucht Sie. Treten Sie unserer Gemeinschaft bei!

Zum gleichen Thema