Die gemeinsame EU-Außenpolitik hat bei ihrer ersten großen Bewährungsprobe versagt. Erst als klar war, dass Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak wirklich abgetreten ist, wagte sich EU-Außenministerin Catherine Ashton aus der Deckung. Zuvor war sie mit ihrem Terminwunsch in Kairo noch abgeblitzt - eine Abfuhr nicht nur für Ashton, sondern für die gesamte EU.
Lady Ashton sollte eigentlich Europa Gesicht und Gewicht auf der Weltbühne verleihen. In den Umsturztagen tauchte sie ab, zu unterschiedlich waren die Positionen der EU-Staaten: Die einen unterstützten mit Blick auf die Erfahrungen 1989 in Osteuropa die Bewegungen auf dem Tahrir-Platz, die anderen wollten abwarten, welche Führungsfigur sich für die Zeit danach herauskristallisiert. Ihre für Außenpolitik zuständige Vorgängerin in der EU-Kommission, Benita Ferrero-Waldner, beherrschte es zumindest, in vielen Sprachen rasch wenig zu sagen.

Aus Italien
Eine gemeinschaftliche Politik, schnell!
„Lampedusa steht kurz vor dem Zusammenbruch“, sorgt sich La Stampa, nachdem in den letzten Tagen mehrere Tausend Tunesier hier an Land gingen. „Im Auffangzentrum, das seit zwei Jahren geschlossen war, stapeln sich die Matratzen. Letzte Nacht schliefen hier 1200 Menschen in einem für 850 Personen vorgesehenen Gebäude.“
Die Tageszeitung bedauert, dass Europa Italien „fallen gelassen“ hat. „Der europäische Entscheidungsprozess ist langsam. Und das, was wir gemeinschaftliche Politik nennen, sind nur allgemeine Grundsätze, an denen sich die Mitgliedsstaaten orientieren sollen: Es gibt keine echte europäische Immigrationspolitik. Jedes Land entscheidet weiterhin, wie viele Einwanderer es aufnimmt, wie und wann es ihnen die Staatsbürgerschaft gewährt und wie es die illegalen Ströme kontrolliert“, stellt die Zeitung fest.
In diesem Kontext hat es keinen Zweck, an Europa und an Frontex zu appellieren, findet La Stampa. „Man sollte sich besser mit Deutschland und Frankreich (und in diesem Fall auch mit Spanien und Großbritannien) auf die Einrichtung einer gemeinsamen Stabilisierungsstrategie für die Maghrebstaaten einigen, zu der auch die Überwachung der Migrationsströme gehören sollte. Denn wie schon bei vergangenen Krisen wird die Welle aus Tunesien auch die anderen EU-Staaten betreffen.“
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