Sparen macht Spaß. Litauer nehmen ein kaltes Bad in der Ostsee, 13. Februar 2010.

Die Euro-Stürmer

Für die baltischen Staaten ist das Schlimmste vorbei. Erstmals seit Ausbruch der Finanzmarktkrise setzte die Rating-Agentur Moody’s die Note Litauens, Lettlands und Estlands hoch. Bald können die drei Republiken höchstwahrscheinlich dem Euro-Gebiet beitreten.

Veröffentlicht am 14 April 2010
Sparen macht Spaß. Litauer nehmen ein kaltes Bad in der Ostsee, 13. Februar 2010.

"Die wirtschaftliche und finanzielle Lage dieser Länder hat sich schneller stabilisiert als vorhergesehen", erklärt Kenneth Orchard, Analyst bei der Rating-Agentur Moody's in London. Von allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union waren die Baltischen Länder am härtesten von der Wirtschaftskrise betroffen. Ihr Jahreseinkommen sank letztes Jahr von minus 14 auf minus 18 Prozent. Dieses Jahr sollte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Litauen und Lettland aufhören zu fallen und Estland hofft sogar, erneut eine positive Wachstumsrate zu verzeichnen.

Die Analysten waren besonders beeindruckt von der Schnelligkeit, mit der Estland es geschafft hat, seine Staatsfinanzen zu sanieren. Trotz sinkender Steuereinnahmen ist es der Regierung gelungen, ihr Haushaltsdefizit auf 1,7 Prozent des BIP zu verringern und plant sogar, bis 2012 ein positives Budget präsentieren zu können. Das ist in Europa überaus bemerkenswert.

Woher kommt der Erfolg baltischer Staaten?

"Es ist fast sicher, dass Estland am 1. Januar 2011 zum Euro übergehen wird." kommentiert Hugo Brady, Spezialist beim Center for European Reform (CER), einer Denkfabrik zur Zukunft Europas mit Sitz in London. Die Entscheidung wird von der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank noch vor dem 1. Mai getroffen. Litauen und Lettland möchten dem Euro-Gebiet 2014 beitreten, was von Fachleuten als realistisch erachtet wird. Litauen ist selbst mit einem Haushaltsdefizit von acht Prozent seines BIP in diesem Jahr wirtschaftlich weitaus gesünder als Griechenland, Portugal oder sogar das Vereinigte Königreich. Warum wissen die Baltischen Staaten besser mit den Auswirkungen der Krise umzugehen als die südeuropäischen Länder, deren Note die Agentur Moody’s immer weiter herabsetzte?

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"Griechenland, Spanien und Portugal häufen seit vielen Jahren Schulden an, während wir mit weitaus kleineren Schulden in die Krise gingen (20 Prozent des BIP). Dadurch hatten wir mehr Handlungsspielraum und konnten während der Krise höhere Schulden aufnehmen", erklärt Vytautas Zakauskas, Spezialist am Litauischen Free Market Institute von Vilnius. Er unterstreicht außerdem den guten Willen der Litauer, die nötigen Opfer zu bringen.

Erinnerung an härtere Zeiten

"Die privaten und öffentlichen Unternehmen haben drastisch die Gehälter gesenkt; dadurch sind wir für den Export wieder konkurrenzfähig geworden. Niemand hat dagegen demonstriert, denn die Gewerkschaften sind schwach und die Leute erinnern sich noch an weitaus härtere Zeiten, als die Sowjetunion zusammenbrach. Im Gegensatz zu uns betrachten die Leute im Süden ihre Vorteile wie eigene Errungenschaften", fährt Zakauskas fort.

Der Sparplan ist besonders strikt und drosselt sogar die Rentenzahlungen. Er wurde von der litauischen Regierung im Zuge eines Abkommens mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) angenommen, der dem Land ein Darlehen von 7,5 Milliarden Euro zugestand. Im Gegensatz zu dem, was viele Skeptiker glaubten, hat diese Maßnahme der Regierung in Riga ermöglicht, einen zum Euro stabilen Umtauschkurs zu halten. Griechenland hat hingegen genau das Gegenteil getan und unter allen Umständen vermieden, den IWF um Hilfe zu bitten, weil es fürchtete, ein zu strenges Sparprogramm umsetzen zu müssen. (sd)

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