Die "großen" Staaten teilen sich wie gehabt die einflussreichsten und mit dem höchsten Budget versehenen Posten in der Kommission (Handel, Binnenmarkt, Wettbewerb, Landwitschaft). Someint der Daily Telegraph: "Bei jeder Etappe auf diesem Viehmarkt der Kommissionsbildung wurde die britische Regierung hereingelegt und ihre Pläne vereitelt." "Die Nominierung von Catherine Ashton wird Großbritannien teuer zu stehen kommen, da es auf einen wirtschaftlichen Schlüsselposten verzichten muss. Und sie gibt Sarkozy zudem noch einen Vorwand, um seinem Kandidaten den wichtigsten Posten zu sichern, den des Kommissars für den Binnenmarkt. Man darf den drohenden Schaden, nicht unterschätzen. Herr Barnier ist ein bekennender Interventionist (Wie sollte das auch bei einem Ex-Kommissar für Landwirtschaft anders sein?). Er ist kein Fürsprecher des freien Marktes oder des angelsächsischen Wirtschaftsmodells. Und er scheint entschlossen, die europäischen Banken zu regulieren, was Brüssel sich bis jetzt nur zaghaft traut."
Dziennik Gazeta Prawna meint ebenfalls, dass Frankreich einen "Prestige-Sieg" davon getragen hätte. "Barniers Entscheidungen werden sich auf die Gewinne und Verluste von Millionen Europäern auswirken." Seine Nominierung bedeute dazu noch "einen Rückschlag für den angelsächsischen Liberalismus", dessen Vertreter in der scheidenden Barroso-Kommission Schlüsselstellungen innehatten. Dazu habe "José Manuel Barroso dem Druck aus London widerstanden. London wollte Barnier die Zuständigkeit zur Finanzmarktregulierung entziehen, die seinem Posten mehr Macht als je zuvor verleiht."
Dacian Ciolos, rumänischer Kommissar von Frankreichs Gnaden
Bei der Vergabe des Postens für den Landwirtschaftskommissar scheinen die Franzosen ebenfalls geschickt gespielt zu haben. Der Posten ging an den Rumänen Dacian Ciolos: "Ciolos, der französische EU-Kommissar", titelt Jurnalul National. Das Blatt weist darauf hin, dass die britische Presse dessen Nominierung verurteilt und von einem "abgekarteten Spiel der Franzosen" spricht. Der mit einer Französin verheiratete Ciolos habe zwar in Rennes studiert, sei aber eher als "ein überzeugter Europäer" einzustufen, meint die Tageszeitung aus Bukarest. Die Kollegen von România Libera unterstreichen: "Auch wenn der designierte Landwirtschafts-Kommissar Ciolos in Rumänien die Hoffnung schürte, es wird Geld regnen, regnet es in Europa für seine Nominierung eher Kritik aufgrund der Unterstützung Frankreichs." Die Bukarester Tageszeitung Gândul hebt hervor, dass "seine Aufgabe mehr als schwierig sein wird", denn er wird ein Gleichgewicht finden müssen "zwischen den gegensätzlichen Interessen Frankreichs und Großbritanniens".
Ein weiterer einflussreicher Posten, der des Wettbewerbskommissars, geht an Joaquín Almunia, der ebenfalls zum Vizepräsidenten der EU-Kommission ernannt wurde. [El País spricht](http:// http://www.elpais.com/articulo/internacional/Almunia/nuevo/hombre/fuerte/UE/elpepiint/20091128elpepiint_1/Tes) vom "starken Mann der EU". Der de facto für die europäische Unternehmens- und Wirtschaftspolitik zuständige Wettbewerbskommissar wurde "mitten in der Wirtschafts- und Finanzkrise zum mächtigsten Mann der Kommission".
Auf tschechischer Seite wundert sich Hospodářské Noviny, dass Prag, obwohl sich Vaclav Klaus der Ratifizierung des Lissabon-Vertrags widersetzte, dennoch einen "relativ wichtigen" Posten zugesprochen bekam. Der Diplomat und ehemalige Sozialminister Stefan Füle wurde Kommissar für Erweiterung und Nachbarschaftspolitik. Zu seinen Aufgaben wird es unter anderem gehören, die Länder der "Ostpartnerschaft darauf vorzubreiten, dass sie nicht sobald EU-Mitglieder werden können". Schon seit mehr als einem Jahrzehnt sei die EU-Erweiterung nicht mehr der Motor der europäischen Integration, bemerkt die Prager Tageszeitung.
Interessiert Sie dieser Artikel?
Er ist dank der Unterstützung unserer Community frei zugänglich. Die Veröffentlichung und Übersetzung unserer Artikel kostet Geld. Um Sie weiterhin unabhängig informieren zu können, brauchen wir Ihre Unterstützung.
Abonnieren oder Spenden
Seit den 1980er Jahren und der Finanzialisierung der Wirtschaft haben uns die Akteure der Finanzwirtschaft gelehrt, dass sich hinter jeder Gesetzeslücke eine kurzfristige Gewinnmöglichkeit verbirgt. All das und mehr diskutieren wir mit unseren Investigativ-Journalisten Stefano Valentino und Giorgio Michalopoulos. Sie haben für Voxeurop die dunklen Seiten der grünen Finanzwelt aufgedeckt und wurden für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet.
Veranstaltung ansehen >