Am Mittwoch erlebte Spanien seinen ersten Generalstreik der Zapatero-Ära (Ministerpräsident der sozialistischen Regierung). Die Spanier protestierten ohne groβen Enthusiasmus gegen die Arbeitsmarktreform und die Haushaltskürzungen, welche die Schuldenkrise der Eurozone (siehe unten) erforderlich gemacht haben. Solidarność und der polnische Gewerkschaftsverband OPZZ – fordern die Menschen dazu auf, vor dem Regierungssitz zu demonstrieren. Weitere Zusammenkünfte kündigte man in Irland, Italien, Serbien und Lettland an. Und für den 2. Oktober sind auch in Frankreich neue Demonstrationen gegen die Rentenreform geplant.
Der soziale Unmut ist in ganz Europa zu spüren. Am 29. September findet in Brüssel eine Großdemonstration statt. Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB)erwartet 100.000 Menschen aus 30 Ländern, "um ihrem Nein zu den Sparplänen"Ausdruck zu verleihen. Eine vergleichbar umfangreiche Mobilisierung fand im Dezember 2001 statt, als der EGB 80.000 Menschen in der europäischen Hauptstadt um sich versammelte, um "ein sozialeres Europa"zu fordern. In Portugal organisierte die erste der kommunistischen Partei nahestehende Gewerkschaft CGTP Demonstrationen in Lissabon und Porto. In Polen riefen die beiden wichtigsten polnischen Gewerkschaften – Solidarność und der polnische Gewerkschaftsverband OPZZ – die Menschen dazu auf, vor dem Regierungssitz zu demonstrieren. Weitere Zusammenkünfte kündigte man in Irland, Italien, Serbien und Lettland an. Und für den 2. Oktober plant man auch in Frankreich neue Demonstrationen gegen die Rentenreform.
Die Entscheidungen der Kommission beeinflussen
Die Gewerkschaften hoffen, auf die Europäische Kommission Druck ausüben zu können. In diesen Tagen soll die EU ihre Sanktions-Pläne für die Länder der Eurozone vorstellen, die zu leichtfertig mit ihren Haushalten umgehen. Die Länder, die zu viel ausgeben, oder die ihre Schulden nicht ausreichend genug reduzieren, sollen in Zukunft Strafen zahlen. Zudem versammeln sich die EU-Finanzminister am 30. September in der europäischen Hauptstadt.
Seit der "Schuldenkrise" welche die Haushaltsmisere Griechenlands aber auch zahlreicher anderer Länder der Eurozone ans Licht gebracht hat, kündigen die Regierungen – Italiens, Großbritanniens, Spaniens, Deutschlands, Irlands, Portugals und Frankreichs – ununterbrochen neue Sparmaßnahmen an. Ins Visier rückten dabei vor allem der Lebensstil der Staaten, sowie die Rentensysteme.
Wie der Generalsekretär des EGB – John Monks – in einer Videobotschaft im Internet betont, liegt die Gefahr dieser Sparpolitik jedoch darin, dass sie die Rezession zu einem Zeitpunkt herbeiführen könnte, in dem die Wirtschaft sich bereits "auf einer ziemlichen Talfahrt" befindet. Im Umkehrschluss verteidigt der Gewerkschaftsbund vielmehr eine den Aufschwung ankurbelnde Politik. Von der Redewendung: Einmal ist keinmal sind nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch der Internationale Währungsfonds (IWF) überzeugt. Dieser hat in den vergangenen Monaten mehrere Verwarnungen ausgesprochen. (j-h)
Spanien
Zapateros Sozial-Prüfung
"29. September: Die Stunde der Wahrheit", nennt El Periódico de Catalunya den von den Gewerkschaften UGT und CCOO organisierten Generalstreik gegen die Arbeitsmarktreform der Regierung José Luis Rodríguez Zapateros. Die in Barcelona ansässige Tageszeitung betont, dass die Gewerkschaften "die Industrie zwar lähmen, den Mindest-Verkehrsbetrieb aber aufrechterhalten werden". Den Erfolg des Streiks wird man an der Beteiligung in den Großstädten messen. Für die Gewerkschaften wird diese "massiv" sein: Bis zu 70 Prozent der Arbeitnehmer sollen sich dem Streik anschließen. Für El Paísist die soziale Bewegung eine "politische Auseinandersetzung, in der sich der Wille des Parlamentes [das der Reform zugestimmt hat] und die Interpretationen der Gewerkschaften [denen es nicht an Argumenten mangelt] gegenüberstehen". Für die Gewerkschaften kommt die Reform einem "Verlust der Arbeitnehmerrechte" gleich. Jedoch sieht die Zeitung ein, dass die Regierung ihre Haushaltskonsolidierungs-Pläne auch in Zukunft verfolgen muss. Dafür gibt es einen ganz einfachen – wenn auch schmerzhaften – Grund: Schließlich werden "die Einnahmen des Staates nicht ausreichen, um die Ausgaben auszugleichen, die der gegenwärtige Sozialstaat erfordert. Und das mindestens solange wie die Rezession anhält."