Kein Wunder für den Euro

Veröffentlicht am 30 September 2011 um 14:12

Die Gebete von Radek Sikorski wurden erhört. Kurz vor der entscheidenden Woche für die Eurozone wohnte der polnische Außenminister am 25. September einer Messe bei, die zu europäischen Werten wie Solidarität und sozialer Gerechtigkeit aufrief. Die Woche neigt sich dem Ende zu und die Wolken am Himmel scheinen fast verschwunden zu sein.

Am 29. September stimmte der Bundestag der deutschen Beteiligung an den Rettungsschirmen für Griechenland, Irland und Portugal zu. Ein wichtiger Schritt hin zur Stabilisierung der Eurozone ist damit getan, und auf allen Politikern und Wirtschaftsexperten in Europa und darüber hinaus lastet eine Sorge weniger.

Eine gute Nachricht kommt selten allein. Kurz vor Deutschland hat Finnland grünes Licht gegeben. Das Land drohte lange, die Hilfsmassnahmen von 2010 und deren Erweiterung, die auf dem Gipfeltreffen vom 21. Juli beschlossen wurde, zu blockieren. Auch das zweite widerspenstige Land, die Slowakei, scheint ein bisschen Ordnung in ihre Regierungskoalition gebracht zu haben und dürfte schlussendlich auch für den Rettungsplan stimmen. Mit der heutigen Abstimmung in Österreich hätten dann 13 von den 17 betroffenen Ländern der Aufstockung des Europäischen Stabilitätsfonds zugestimmt.

Deshalb herrscht aber noch nicht eitel Sonnenschein. Zweieinhalb Monate nach dem in aller Eile einberufenen Gipfeltreffen vom 21. Juli sind die dort beschlossenen Maßnahmen immer noch nicht umgesetzt. Das Euro-Haus brennt und die Feuerwehr macht Urlaub, ohne vorher Wasser bereitgestellt zu haben. Außerdem hinterlassen die deutschen Debatten und die Situation in Griechenland in Bezug auf Ausgaben und Sparkurse den Eindruck einer Flucht nach vorn. Ein Rettungsschirm folgt auf den nächsten, ohne dass Griechenland Luft holen kann und die anderen Länder weniger gefährdet wären. Ein Teufelskreis, der den Wirtschaftsaufschwung verzögert und soziale Spannungen hervorruft.

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Aber hat die EU eine andere Wahl? Die immer noch unbeherrschbaren Märkte machen weiter Druck. Und selbst Barack Obama, der die Schrecken politischer Verhandlung und Machtlosigkeit nur zu gut kennen dürfte, schiebt die Verantwortung für die globale Misere auf Europa. Im Augenblick scheint der eingeschlagenen Weg der einzig mögliche zu sein, auch wenn die Richtung nicht klar ist. Radek Sikorski sollte vielleicht noch mehr beten. (mz)

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