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„Europa will gegen die Verwandten von Politikern ermitteln, die unter Korruptionsverdacht stehen“, titelt Diário de Notícias. Das Lissabonner Blatt reagiert damit auf den EU-Richtlinienvorschlag zur Verhinderung von Geldwäscherei, Korruption und Drogenhandel.

Die Richtlinie weitet die Kontrolle von „politisch exponierten Personen“ aus, die Bestechungsgelder aus Netzwerken der Terrorismusfinanzierung oder Geldwäschevereinen erhalten haben könnten. Wie die Tageszeitung berichtet —

...geraten die Staatschefs, Minister, Parlamentarier und Richter mit diesen neuen Bestimmungen im Kampf gegen das organisierte Verbrechen ins Fadenkreuz. [...] Dabei wird gegen den engsten Familienkreis und gegen all jene ermittelt werden, die politiknahe Ämter bekleiden. [...] Auch vor den Mitarbeitern internationaler Organisationen [soll dabei nicht Halt gemacht werden].

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Darüber hinaus sieht der Richtlinienvorschlag auch Sanktionen vor. Laut dem EUobserver

... sollen einzelne Mitarbeiter, die gegen die Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung verstoßen haben, mit Geldbußen von bis zu fünf Millionen Euro bestraft werden können. Unternehmen und Banken droht ein Bußgeld von bis zu zehn Prozent ihres Umsatzes. [...] Die Sanktionsvorschläge gegen Banken sehen den Entzug von Banklizenzen, den Ausschluss leitender Angestellter aus Aufsichtsräten, aber auch die öffentliche Bekanntmachung von Namen vor.

Um die Zahl der Korruptions- und Geldwäschefälle zu reduzieren, zwingt die Richtlinie Banken und andere Finanzdienstleister dazu, den recht aufwendigen Kontrollverfahren zu folgen, die das spanische Wirtschaftsblatt Expansión ausführlicher beschreibt:

Prüfung des Kundenbestandes, Aufbewahrung von Aufzeichnungen, interne Kontrollen und Archivierung verdächtiger Transaktionen. Auch Anwälte, Notare, Buchhalter, Immobilienmakler und Casinos sind von der Richtlinie betroffen. Zudem müssen all diese Einrichtungen angemessene Verfahren durchführen, um festzustellen, dass es sich bei ihrem Kunden auch wirklich um die betroffene Person handelt. Sollten „risikoreichere Geschäftsbeziehungen“ bestehen, müssen leitende Angestellte um Erlaubnis gefragt, die Herkunft der Fonds für die Transaktionen ermittelt und dieses Geschäftsverhältnis intensiver überwacht werden.

Für den [spanischen Ministerpräsidenten] Mariano Rajoy kommt der Vorschlag zu einem ohnehin schon turbulenten Zeitpunkt, meint Expansión und spielt auf —

... die Enthüllungen der Tageszeitungen El Mundo und El País an, laut der Parteispitzen seiner Volkspartei ‚zusätzliche’ Gehälter erhalten haben sollen, die zum Teil aus ‚illegalen Quellen’ stammen.

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