Kraftprobe zwischen EU27 und der Kommission

Veröffentlicht am 30 Juni 2011 um 11:51

Als „mehr schlecht als recht“ bezeichnet Le Figaro den am 29. Juni von der Kommission vorgestellten EU-Haushalt für 2014 bis 2020. „Nicolas Sarkozys Forderungen erfüllend“ ändert sich an den „Ausgaben für die Landwirtschaftspolitik“ insgesamt nichts [d. h. 36,2 Prozent im Vergleich zu 39,4 Prozent des vorgeschlagenen Globalbudgets von 1025 Milliarden Euro, oder auch 1,05 Prozent des BIP der Union]. „Das weniger entwickelte Mitteleuropa wird auch weiterhin Regionalförderungen erhalten. Die momentanen Prioritäten wie Energie und Internetzugang scheinen berücksichtigt. Dagegen droht die von Brüssel geplante Finanzsteuer zur Aufstockung der europäischen Finanzen am britischen Veto zu scheitern“, schreibt Le Figaro.

Diese Finanztransaktionssteuer (FTT) oder Tobin-Steuer, „deren Prozentsatz noch festgelegt werden muss, soll für alle Aktivitäten finanzieller Institutionen innerhalb der EU erhoben werden und jährlich zwischen 50 und 70 Milliarden [Euro]“ in den EU-Haushalt spülen.

Libération nennt das „eine Revolution“, die „um so überraschender ist“, wenn „man bedenkt, dass die Globalisierungskritiker so lange dafür kämpften und die europäische Exekutive seit 1958 politisch nicht mehr so weit rechts stand – das Spiegelbild der europaweiten Politik (in 22 von 27 Staaten regieren die Konservativen)“. Dass die Mitgliedsstaaten sich bei der Einführung dieser Steuer besonders beeilen werden, ist jedoch alles andere als sicher. Wie EUObserver berichtet, bezeichnete der britische Regierungssprecher sie bereits als „unrealistisch“.

Die Einsparungen, welche die Mitgliedsstaaten von den Eurokraten fordern, sind ein anderes strittiges Thema zwischen der Kommission und den EU-Ländern. „Gegenüber Sparmaßnahmen waren die 50.000 Privilegierten bisher erstaunlich widerstandsfähig. Erstmals seit einem halben Jahrhundert wird dies nun infrage gestellt“, schreibt Le Figaro.

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„Die Behauptung, zwischen den Gewerkschaften und dem Arbeitgeber (in diesem Fall der Kommission) und vor allem den Zahlern (also den Mitgliedsstaaten) sprühten die Funken, ist eine Untertreibung.“ Dieses Gerechtigkeits- und Glaubwürdigkeits-Problem muss Brüssel dringend lösen: Es kann „nicht von allen anderen fordern, den Gürtel enger zu schnallen und gleichzeitig einen so hohen Lebensstandard aufrechterhalten“, betont der Schatzmeister einer der Mitgliedsstaaten. Elf Länder – darunter Frankreich, Deutschland, Großbritannien und der Großteil Nordeuropas – wollen die Kraftprobe und haben José Manuel Barroso ein Ultimatum gestellt: „An ganz erheblichen Kürzungen der Ausgaben, inklusive Gehälter, Renten und Sozialleistungen kommt man nicht vorbei“, schreiben sie schwarz auf weiß in dem von Le Figaro veröffentlichten Brief. In dem Augenblick, in dem „Griechenland riesige Opfer bringt“, geht man ganz offensiv gegen die „bestehenden Vorteile“ vor.

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