Mein Freund H. hat Angst, denn er ist in einem kritischen Alter und nähert sich dem Punkt, da man ihn in der Realwirtschaft als „älteren Arbeitnehmer“ bezeichnen würde. In Berlin ist Mitte vierzig allerdings ein Alter, das man mit etwas Durchwurschteln erreichen kann, ohne jemals einer geregelten Tätigkeit nachgegangen zu sein. H. selbst gehört nicht zu den Berufsjugendlichen, die sich mit unbezahlten Projekten durchgeschlagen haben; er hat in der Medienbranche gearbeitet und führt inzwischen ein normales Leben. Als ich ihn vor acht Jahren in Berlin kennenlernte, lebte er in den Tag hinein und gab sein Geld mit vollen Händen aus.
Heute besitzt er Immobilien, holt sein Studium nach und hat Angst. Und weil er Angst hat, tritt er für ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) ein. H. ist ein Malocher. Was immer er unternimmt, scheint zu florieren, er hat Charme und Talent. So ein BGE, sagt er, würde ihn freier machen. Und alle anderen, sagt er träumerisch, von der Notwendigkeit entbinden, sich in der Arbeit für Dumpinglohn unterdrücken zu lassen. Das BGE wäre seine psychologische Befreiung. Er würde weiterackern. Er denkt nicht in Beträgen oder Finanzierung eines sozialen Umbaus, denn rational begreift er, dass man Leute wie ihn immer brauchen wird. Er möchte nur von seiner irrationalen Angst befreit werden.