Analyse Europa und Falschinformationen der Regierung

Öffentlich finanzierter Hass in Slowenien: Desaster nach Plan

In den letzten Jahren hat Nova24TV, ein Online-Nachrichtenportal und Fernsehsender in Slowenien, Fake News veröffentlicht, die mit der slowenischen Rechtspartei, Alt-Right Persönlichkeiten und nationalistischen Bewegungen in Verbindung stehen. Domen Savič, Journalist und Gründer der Nichtregierungsorganisation „Državljan D“, kritisierte die Vorfälle öffentlich und machte sich damit zur Zielscheibe.

Veröffentlicht am 21 Oktober 2021 um 15:09

Die grundlegende Frage, die ich mir 2018 stellte, war ziemlich simpel. Nova24TV, slowenische Onlineplattform und Fernsehsender, strahlte Werbung für ein nationales Telekommunikationsunternehmen aus und ich wollte wissen, warum.

Wir sprechen hier nicht von irgendeiner Onlineplattform oder irgendeinem Fernsehsender, denn genau dieses Medienunternehmen stand mit der führenden slowenischen Rechtspartei in Verbindung. In den letzten Jahren hat Nova24TV eine Reihe von Fake News veröffentlicht, die der Sender aus unterschiedlichen Fake News Websites aus der ganzen Welt kopiert hat, oder – in einigen Fällen – ihre eigenen Märchen über Flüchtlinge, die politische Opposition, die Weltklimakrise und jeden, der sich der Plattform entgegenstellt, erfunden.

Nova24TV unterstützt weltweit Alt-Right Persönlichkeiten, verbreitet unzählige rechtsextrem gesinnte Verschwörungstheorien (wie etwa die vom „Großen Austausch“, falsche Anschuldigungen gegen den Philanthropen George Soros und andere) und dient der Identitären Bewegung als Medienplattform.

Nachdem die Verantwortlichen der nationalen Telekom sich weigerten, meine Frage öffentlich zu beantworten und mir mitteilten, dass sie die Medieninhalte, in denen ihre Werbung erscheint, nicht beurteilen, organisierte ich eine landesweite Bewegung, zu der ein Aufruf an die Regierung, die Einreichung einer Petition beim Parlament und die Thematisierung des Problems der Propagandafinanzierung durch Werbeverträge gehörten. 

In den darauffolgenden Jahren habe ich meinen Ermittlungsschwerpunkt erweitert und meinen Fokus auf mehrere Ministerien gelegt, die öffentliche Gelder mittels staatlicher Werbeverträge zur Finanzierung dieses dem Orbán-Regime nahestehenden Propagandaunternehmens bereitstellen.

Zahlreiche unabhängige Berichterstattungen aus den letzten Jahren dokumentieren, wie die slowenische Rechtspartei SDS Anteile ihrer Propagandasender an Personen mit Verbindungen zum Orbán Regime verkauft hat. Darüber hinaus veröffentlicht der Sender ständig Interviews mit bekannten Persönlichkeiten aus dem Kreise der Alt-Right Bewegung, rechte Parteipropaganda und Falschinformationen über aktuelle Ereignisse, sowohl auf lokal- als auch weltpolitischer Ebene.

Der Entscheidungsprozess

Es war, wie man so schön sagt, ein offenes Geheimnis. Es schien, dass sich öffentliche und private Unternehmen durch die Ausstrahlung ihrer Werbung in einem Propagandasender politischen Einfluss erkauften, ohne dabei den Marketingaspekt dieses Deals zu berücksichtigen. Die Auswertung der Einschaltquoten und der Online-Zuschauer ergab, dass der Sender nur magere Einschaltquoten erzielte. Dennoch sahen Unternehmen wie die nationale Telekom, die nationale Post, die größte lokale Versicherungsgesellschaft und der größte lokale Einzelhändler offenbar kein Problem darin, ihre Werbung in den Fernsehsendungen oder auf der Onlineplattform von Nova24TV zu platzieren.

Richtig interessant wurde es jedoch, als das Verteidigungsministerium anfing, seine Werbung in diesem rechten Propagandasender auszustrahlen. Wir stützten uns auf das Informationsfreiheitsgesetz und baten die Regierung, Dokumente freizugeben, die die Marketinggründe für den Kauf von Werbeplatzierungen in einem Hasspropagandasender erklärten und den Entscheidungsprozess nachvollziehbar machten. Es lief nicht wie erwartet.

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Die erste Antwort des Ministeriums lautete, dass es sich bei diesen Dokumenten um Geschäftsgeheimnisse handelt. Nach einer Beschwerde bei der örtlichen Datenschutzbehörde erhielten wir die Dokumente, in denen detailliert dargelegt wird, wie öffentliche Gelder in rechte Medienkanäle fließen, die mit den rechten Parteien SDS und NSi in Verbindung stehen. Die offiziellen Dokumente enthalten erhebliche Diskrepanzen bei der Berichterstattung über Werbekäufe, was sehr stark darauf hindeutet, dass das Ministerium zuerst über die Finanzierung von parteinahen Propagandasendern entschied und dann die Werbeagentur den theoretischen Werbekauf ausarbeiten ließ, um diese Entscheidung decken zu können. Dies ist eine interessante Tatsache, da die Anzahl der gemeldeten Werbespots praktisch nicht gesendet werden kann, es sei denn, der Fernsehsender würde in dieser Sendezeit auf alle anderen Inhalte verzichten.

Die Reaktion der Politik

Seit September 2018 versuchen wir, die Entscheidungsträger dazu zu bewegen, sich mit dem Problem der öffentlichen Finanzierung von Propaganda und Hassreden über Werbeverträge auseinanderzusetzen. Der damalige Premierminister Marjan Šarec gab im November 2018 eine öffentliche Erklärung ab, in der er das Thema vorsichtig ansprach und ein „Umdenken bei den Werbekampagnen staatlicher Unternehmen“ forderte. Dies löste im politischen rechten Flügel eine Welle der Empörung aus; dieser behauptete, der Premierminister sei darauf aus, rechte Medien zu zensieren.

Die Slovenian Sovereign Holding vertritt die Interessen des Staates bei der Verwaltung von staatlichen Unternehmen und gab 2018 eine Erklärung ab, in der ein Überdenken und eine Reform der Werberegeln für staatliche Unternehmen angekündigt w…

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