Was die Umwelt wert ist... © Presseurop

Öko-Erpressung: Geschäft mit Zukunft

Dank der Festnahme eines "Umweltschützers", der sich für die Einstellung seines Protests gegen Immobilienprojekte bezahlen ließ, wurde eine neue Form von Erpressung aufgedeckt. Wie der Schriftsteller Ivan Brezina behauptet, ist diese Praktik weltweit auch bei zahlreichen anderen Umwelt-Mogulen verbreitet.

Veröffentlicht am 25 Januar 2010
Was die Umwelt wert ist... © Presseurop

Wenige Tage vor Weihnachten wurde Lubomír Studnička, ein Mitglied des Naturschutzvereins vonLitoměřice(einer tschechischen Stadt in Nordböhmen), wegen Erpressung festgenommen. Nach Angaben der Polizei hatte der selbsterklärte "Umweltschützer" eine ganz einfache Methode: In Litoměřice reichte er unter dem Vorwand er wolle die Umwelt schützen, Beschwerden gegen möglichst viele Privatprojekte ein. So brachte er beispielsweise das Vorhaben einer neuen Brücke über der Elbe zu Fall oder blockierte die Fertigstellung der Arbeiten auf der D8 (der Autobahn von Prag nach Litoměřice). Im Gegenzug dafür, dass er seine Beschwerde gegen die Investoren und ihre Projekte fallen ließ, forderte er "Sponsoring-Geschenke". Bis zu dem Tag, an dem die Unternehmer die Geduld verloren. Sie gaben vor, auf seine Forderungen einzugehen und informierten die Polizei, die Studnička Falschgeld zuspielte... So wurde der erste große Fall von Umwelterpressung in der Tschechischen Republik aufgedeckt. Für die regierungsunabhängigen Umweltschutzorganisationen gehört dies jedoch zu den gängigen Methoden. Dank der Gesetzeslage können diese "Berufsverhinderer" die Investoren erheblich unter Druck setzen. Die Festnahme Studničkas ist nur die Spitze des Eisberges. Es stellt sich die Frage, wie viele vergleichbare Fälle niemals ans Licht kommen.

Der südkoreanische Automobilhersteller Hyundai wollte im Industriegebiet von Nošovice [das im Osten gelegene Noschowitz] eine Fabrik bauen. Die Umweltschutzaktivisten reichten schon im Vorfeld eine Beschwerde ein und behaupteten, das Projekt sei eine Bedrohung für die Umwelt. Dafür tricksten sie mit einem auf "Umweltrecht" spezialisierten Anwaltsbüro, im besten Wissen, wie sie die verschiedenen Unklarheiten im Prozedere und andere bürokratische Windungen ausnutzen müssen, damit jegliches Immobilienprojekt jahrelang auf Eis gelegt wird. Die Koreaner bekamen Angst, dass man den Bau ihrer Fabrik aufhalten würde. Anschließend mussten sich die Aktivisten nur mit aufgehaltener Hand hinstellen und sagen: "Ach was! Wir sind doch vernünftige Leute. Wir finden schon eine Lösung, die uns allen entgegenkommt…" Und die Koreaner gaben sich damit zufrieden, "einen Fonds" zu finanzieren, der "der Unterstützung von Bürgerinitiativen" dienen sollte. 20 Millionen Kronen (etwa 750.000 Euro) zahlten sie in den von den Aktivisten verwalteten Fonds ein. Offiziell sollte dieses Geld für "Projekte" verwendet werden, welche "die Menschen über Umweltprobleme aufklären" und sie zum "Umweltschutz" erziehen sollten.

Eine Unzahl lukrativer Gelegenheiten

Während der ganz unten arbeitende Umwelterpresser heimlich Geld fordert, kassiert sein (schlaueres) globalisiertes Alter Ego ganz offiziell Schmiergelder. Die kleinen Fische, wie die lokalen Investoren, interessieren den genialen Umwelterpresser nicht wirklich. Er weiß nämlich, dass er, sobald er es geschafft hat, die ganze Menschheit zu erpressen, nicht mehr nur Millionengewinne einsteckt, sondern Milliarden von Euro. Er spricht dann keine Drohungen mehr aus, sondern spielt ganz einfach mit Schuldgefühlen. Nehmen wir einmal das Beispiel Al Gores, des Apostels der "so unangenehmen Wahrheiten". Um die Erderwärmung aufzuhalten, fordert er uns dazu auf, von nun an einen "kohlendioxidneutralen" Lebensstil zu führen. Eines der einflussreichsten Unternehmen in dieser Branche der "CO2-Erlösung" ist die milliardenschwere Londoner Gesellschaft Generation Investment Management (GIM). Und ihr Gründer ist kein anderer als der ehemalige Vizepräsident der USA selbst.

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Ein anderes Beispiel: Ende Dezember, als man Lubomír Studnička festnahm, berichtete die britische Tageszeitung The Daily Telegraph über das, was Rajendra Kumar Pachauri, der Präsident des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (auch Weltklimarat, IPCC), so ganz privat macht. Umweltschützer und Medien lieben es, den Weltklimarat als "weltweit wichtigste und unabhängige Expertengruppe" darzustellen. Nun stellte sich aber heraus, das Pachauri gar kein Klimaexperte, sondern ausgebildeter Eisenbahningenieur ist. Und vor allem steht er finanziell in ganz engem Kontakt zu dem, was man "die Umweltschutzindustrie" nennt. Wirklich arbeitet er als Ratgeber für zahlreiche "grüne" Investmentfonds und Unternehmen, zu deren Herzstück nachhaltige Technologien gehören. Und obendrein sitzt er im Aufsichtsrat der Klimabörse in Chicago. Das ist die, die mit den Kohlendioxidemissionsrechten handelt…

Deutschland

Erneuerbar ja - aber nicht bei uns

Es ist ein Konsensthema. Über drei Viertel der Deutschen wollen erneuerbare Energien. Und dennoch treffen diese auf einen neuen Feind: die Nachbarschaft. Der Spiegel berichtet über die wachsende Zahl an Bürgerinitiativen gegen Windräder, Biogas- oder Solaranlagen. "Nur wenige Deutsche haben ein konventionelles Großkraftwerk in der Nähe. Erneuerbare Energien aber können überall entstehen […] in jeder Kleinstadt und jedem Dorf", und zeigen hier ihre dunkle Seite: Lärm, Gestank, die Veränderung der Landschaft.

Das Nachrichtenmagazin trifft auf einen engagierten Bürger in Bayern, treuer Wähler der Grünen, der versucht seine Nachbarschaft gegen die Aufstellung von Solarmodulen zu mobilisieren. Er sagt: "Aus energietechnischer Sicht ist die Sache für die Bundesrepublik Deutschland völliger Quatsch." Und: Könnten die Atomkraftwerke nicht doch länger laufen? Da ist auch dieser Brandenburger, der die Effizienz von Solaranlagen in Zweifel zieht, die unterirdischen CO2-Speicher ablehnt und 27.000 Unterschriften gegen Windräder gesammelt hat. Und in Schleswig-Holstein verhinderte ein Dorf mit Einwohnern voll grünen Gewissens eine Biogasanlage.

Die Gemeinsamkeit der drei Initiativen: Angst, Opfer zu bringen ohne seinen Anteil am Gewinn zu bekommen, und die unklare Gewissheit, dass es dem Ganzen an einem Plan mangele. Fazit des Spiegel: Die meisten Dörfer fänden "Verkehr, Gestank und Strukturwandel" ertragbar, wenn es darum ginge, Energie für sich selbst zu produzieren.

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