Auf dem Gelände der einst „verbotenen Stadt“ von Philipsentsteht gerade ein neues Viertel für Vergnügung, Wohnungen, Geschäfte und Büros. Dank dieser Baustelle – der größten der Niederlande – soll die Stadt, die sich noch immer mit dem bekannten Elektronikhersteller identifiziert, wieder zu neuem Leben erweckt werden.
Für die Bewohner Eindhovens gehören die aus einiger Entfernung erkennbaren Umrisse der Gebäude von Philips zum Alltag. Viele von ihnen haben diese Bauten allerdings nie selbst betreten oder sich ihnen auch nur genähert. Der ehemalige Campus des Strijp-S-Viertels, welcher der Forschung und Entwicklung gewidmet war, ähnelte einer abgeriegelten Festung, die jedem ohne Zugangskarte verschlossen war. Wenn man also behauptet, dass in den kommenden Jahren im Herzen Eindhovens eine ganz neue Welt entsteht, so ist das keinesfalls übertrieben. Im Rahmen eines noch viel größeren Städtebebauungsprogramms wird die „Verbotene Philips-Stadt“ ihre Riegel nach fast 90 Jahren langsam aber sicher öffnen. Mit Abschluss der Bauarbeiten in etwa fünfzehn Jahren wird Eindhoven über ein zweites Stadtzentrum verfügen. Dort wird man wohnen, arbeiten, lehren, einkaufen und sich vergnügen können, und die Stadt soll so einer großen Metropole gleichen.
28 stillgelegte Hektar
Die 28 Hektar des Strijp-S sind der ganze Stolz Eindhovens. Hier ist Philips zu dem riesigen Unternehmen geworden, wie wir es kennen. Hier wurden Radios, Fernsehgeräte und Audiokassetten produziert, CDs und das System Video 2000 erblickten das Licht der Welt. Und hier hielt die Königin Wilhelmina 1927 ihre erste radioübertragene Ansprache. Seit Philips Ende des letzten Jahrhunderts seinen Rückzug angekündigt hat sind dies nur noch die Überbleibsel einer prächtigen Vergangenheit. Der Produktionsbereich hat sich andernorts niedergelassen (meist im Ausland) und Forschung und Innovation zogen ebenfalls um (auf den High Tech Campusin der Vorstadt). Aus diesem Grund befindet sich nun dieses riesige stillgelegte Gelände nur wenige Schritte vom Stadtzentrum entfernt. Hier entlang führen Eisenbahngleise. Und auch das Philips Stadion liegt hier, sowie die ehemalige gigantische Berufsschule von Philips und die umliegenden Wohnviertel, die auch von Philips erbaut wurden.
Dass Eindhoven nicht der Gewohnheit vorheriger Jahrzehnte nachgegeben verfiel, in denen man schonungslos historische Bauten abriss, sobald sie ihre Funktion nicht mehr erfüllten, ist vor allem dem Architekten und Projektleiter Adriaan Geuze zu verdanken. Er setzte sich für den Erhalt der monumentalen und charakteristischen Fabriken ein und funktionierte sie zu Wohnungen und Büroräumen um. Dort, wo ehemalige Lagerhäuser und Büros abgerissen wurden, errichtete er Türme und Wohnviertel mit über 2.500 Wohnungen. Er wollte aus Strijp-S nicht einfach ein neues Viertel machen, sondern eine ‚kreative Stadt‘, die Eindhoven zu einem landesweiten Technologiestandort machen sollte.
Eine neue kreative Stadt
Während die Bulldozer noch rollen, sitzen in einigen Gebäuden schon junge Unternehmer, die als Berufseinsteiger von den günstigen Mieten profitieren und dafür die Nachteilen in Kauf nehmen, die die umliegenden Baustellen mit sich bringen. In einer Gebäudereihe drei weißer Fabrikhallen aus den 1920er Jahren haben die Designer Kiki & Joost beispielsweise als eine der ersten ein riesiges Atelier eingerichtet. Zudem verfügt das Gelände über eine Klettersporthalle, einen riesigen Skatepark und ein Institut für Pop-Musik, welches den Namen PopEi trägt. Zu Beginn handelte es sich nur um provisorische Einrichtungen, aber sie haben so viele junge Menschen angelockt, dass sie nun zu dauerhaften Projekten geworden sind. Vorgesehen ist auch der Bau eines Kulturzentrums und des Plaza FuturaTheaters, sowie einer Zweigstelle des städtischen Museums Van Abbemuseum.
Ganz aufgeben wird Philips Strijp-S aber doch nicht. Geplant ist der Bau eines Experimentierbereiches für modernste Technologien im Bereich Beleuchtung. Illuminierte Straßen soll es geben, sowie eine ‚leuchtende Tür‘, die das Viertel begrenzen soll. Und Glühwürmchen sollen funkeln sobald sich der Bus nähert. Die Hauptstrasse entlang sollen keine Straßenlaternen mehr stehen, weil sämtliche Beleuchtung in den Bäumen und an den Fassaden angebracht wird. So wird Eindhoven sich als Lichterstadt selbst wiederentdecken.