Architekt Wolf D. Prix vor dem zukünftigen Turm des neuen EZB-Gebäudes in Frankfurt. September, 2012

Rasante Architektur für die EZB

Für das neue Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt hat sich der Wiener Architekt Wolf D. Prix vom schnellen Spiel des FC Barcelona inspirieren lassen. Von zwei avantgardistisch verdrehten Türmen aus wird die Zentralbank zukünftig Europa durch die Krise steuern.

Veröffentlicht am 26 April 2013 um 13:49
Architekt Wolf D. Prix vor dem zukünftigen Turm des neuen EZB-Gebäudes in Frankfurt. September, 2012

Es wird alles gut, alles schön, niemand muss sich mehr Sorgen machen wegen des Euro. [Der argentinische Fussballstar] Lionel Messi wird künftig alle Krisen lösen, mit einem dieser typischen Messi-Moves, einer überraschenden Bewegung, die den Gegner narrt.

Warum das so kommen wird? Weil Messis Geist durch das neue Gebäude der europäischen Zentralbank flirren wird. Weil Wolf D. Prix dieses Haus entworfen hat, ein Österreicher, ein Wiener, ein Schlitzohr, ein Architekt, der über viele Jahre „nix gebaut hat“, wie er selbst sagt, und nun baut er Europas wichtigstes Gebäude.

In der vergangenen Woche war es noch eine Baustelle im verregneten Frankfurt am Main. Kräne ragten über die beiden Türme, die 185 und 165 Meter hoch werden sollen, es fehlen noch Verkleidungen und die Innenausstattung. Im nächsten Jahr zieht die Zentralbank dort ein, und dann soll es Geldpolitik à la Messi geben.

Sportliche Inspirationen

Das Büro Coop Himmelb(l)au von Wolfgang Prix liegt in einem ehemaligen Wiener Arbeiterviertel, kein Luxus, kein Schmuck. Er trägt eine gesteppte Jacke, einen Schal. Prix hat früher als Torwart auf der Straße Fußball gespielt und geblieben ist ihm die hohe Bereitschaft, sich vom Sport anregen zu lassen.

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Dafür schaut er sich regelmäßig die Spiele von Barcelona an, er liebt dieses Kurzpassspiel, Xavi auf Iniesta, Iniesta auf Xavi, Xavi auf Fàbregas, Fàbregas auf Iniesta, Iniesta auf Messi, und der löst sich dann aus dieser Ordnung und stellt etwas Wahnsinniges an, und daraus wird das Tor. Prix sah die Schnelligkeit, die Schönheit, die Effizienz, und er fragte sich, warum sein Büro nicht auch so arbeiten kann. Er wollte keine langen Entscheidungswege mehr, sondern rasantes Kurzpassspiel, dann den Messi-Move und das Tor.

Prix ist der Sohn eines Architekten. Er wurde von den Sechzigern geprägt, vom Aufbruch, von der Selbstbefreiung. Damals war alles gesellschaftlich relevant, das Lieben, das Reisen, das Bauen. Aus diesem Denken kommt Prix, es gibt nicht Räume in der Gesellschaft, sondern eine Gesellschaft, in der das eine das andere bedingt.

Prix macht besonders gern den Messi. Bei der Europäischen Zentralbank sah das so aus: Über Kurzpassspiel entwickelte sein Büro eine Grundform für das Gebäude, einen hohen Quader, in sich verdreht. Nun fehlte noch das Moment des Wahnsinns, das Moment der absoluten Freiheit des Denkens und Spielens, das Messi-Moment.

Architektonische Leichtigkeit für die EZB

Jemand hatte die Idee, einen schrägen Schnitt von oben nach unten durch den Quader zu machen. Dann wurde die eine Hälfte des Quaders gleichsam über die andere gehoben, dabei um die Längsachse gedreht und wieder abgestellt. „Ein typischer Messi-Move“, sagt Prix.

Nach diesem Dribbling mit einem Haus hat die EZB zwei Türme, die durch „hängende Gärten“ verbunden sind. Die gab’s ja auch schon mal in Babylon. Da die Grundform des Quaders immer noch zu erkennen ist, wirkt das Gebäude so ernst, wie es sich für eine Europäische Zentralbank gehört. Durch den Schnitt und die Drehung hat sie aber auch etwas Verspieltes bekommen, etwas Leichtes.

Deshalb ist es gar keine Frage, dass sich Messis Geist in der europäischen Zentralbank aufhalten wird. Allerdings ist das der Geist eines Argentiniers, ausgerechnet.
Dort sind sie überbordende Staatsverschuldung, Hyperinflation und Währungsschnitt gewohnt. es wäre gut, wenn der Geist das ausklammern könnte, um sich auf Inspiration und Teffsicherheit zu beschränken.

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