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Ratspräsidentschaft in Moll

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Veröffentlicht am 26 März 2010

Die spanische Ratspräsidentschaft hat ihre Halbzeit erreicht und verläuft still in aller Diskretion, wobei einige Enttäuschungen nicht ausbleiben. Die Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero hat im Hinblick des im Mai stattfindenden bilateralen Gipfeltreffenszwischen der EU und den USA mit Barack Obama ihr Glück versucht, doch der amerikanische Präsident wird nicht nach Europa kommen. Dies hat eher innenpolitische Gründe und rührt nicht einfach von einer Ablehnung der Europäischen Union. Genauso ist Europas Chefdiplomatin Catherine Ashton Anfang März nicht zum Gipfel mit Marokko gekommen, um eines der großen Themen der spanischen Präsidentschaft zu unterstützen. Offenbar gibt es nur noch einen wichtigen Termin, nämlich den im Juni stattfindenden Gipfel mit Lateinamerika, sowie ein abgeschwächtes Gipfeltreffen der Union für das Mittelmeer (UPM), dessen Ergebnis durch die permanente Blockierung, die aus dem Konflikt im mittleren Orient resultiert, ungewiss geworden ist.

Die spanische Präsidentschaft hat die Rolle des Versuchskaninchens bekommen und muss mit den durch den Vertrag von Lissabon eingeführten Reformen fertig werden. Außerdem versuchen Herman Van Rompuy und Catherine Ashton auf neu geschaffenen institutionellen Stellen ihren Platz an der Spitze Europas zu finden. Dennoch hätte die Präsidentschaft für Zapatero eine exzellente Gelegenheit sein können, in einer immer noch zögerlichen internationalen Angelegenheit einen Schritt voran zu gehen. Allerdings sind die Ausmaße der spanischen Wirtschaftskrise keine gute Basis, um in Europa große Reden zu schwingen. Die hohe Arbeitslosenquote und die Tatsache, dass Spanien den Statistiken zufolge das einzige Land der Eurozone ist, das weiterhin in der Rezession steckt, sind gegenüber den europäischen Partnern keine beneidenswerten Visitenkarten. Angesichts einer solchen "Konkurrenz" braucht Europa eine starke Autorität; doch Zapatero hat sich für die Diskretion entschieden und gibt innenpolitischen Problemen den Vorrang.

Spanien gilt als eines der "Problemkinder" des von der Krise gerüttelten Europas, wo die Solidarität nicht mehr so selbstverständlich zu sein scheint, wenn es heißt, in die Tasche zu greifen. Davon zeugt die Bitterkeit bei den Verhandlungen zur Rettung Griechenlands, das kurz vor dem finanziellen Bankrott steht. Und das, obwohl die Regierung in Madrid unaufhörlich wiederholt, dass Spanien meilenweit von der Situation in Griechenland entfernt ist. Genau jetzt kann Zapatero, weil es ihn selbst betrifft, eine entscheidende Rolle übernehmen, damit sich Europa einig wird und den Ländern zur Hilfe kommt, die sich in Schwierigkeiten befinden. (sd) Sergio Cebrián

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