
Silvia Carta arbeitet als Advocacy Officer für die Nichtregierungsorganisation PICUM. In der Vergangenheit war sie für mehrere Organisationen und Gruppen tätig, unter anderem für das Europäische Parlament. PICUM mit Sitz in Brüssel setzt sich für soziale Gerechtigkeit und die Achtung der Menschenrechte von Menschen ohne Papiere in Europa ein. Die NGO fungiert als Dachorganisation für mehr als 100 andere Organisationen, die in denselben Interessenbereichen tätig sind.
Voxeurop : Wie sieht die Situation in der EU in Bezug auf Zwangsarbeit und Arbeitsmigrierende aus?
Silvia Carta: Arbeitsmigrierende mit unsicherem, abhängigem oder irregulärem Status sind häufig mit Bedingungen konfrontiert, die unter den von Mindestarbeitsnormen und Tarifverträgen geforderten liegen, und zwar in Bezug auf Bezahlung, Arbeitszeit, Ruhezeiten, Krankheitsurlaub, Urlaub sowie Gesundheit und Sicherheit. Diese Risiken von Arbeitsrechtsverletzungen können durch eine Kombination von Faktoren wie Lohndiebstahl, übermäßige Arbeitszeiten, Anhäufung von Schulden, Beschlagnahme von Dokumenten, Drohungen, Abhängigkeit von der/dem Arbeitgebenden in Bezug auf Wohnung und Aufenthaltsstatus, körperliche und sexuelle Gewalt und eingeschränkte Mobilität zu Zwangsarbeit führen oder sich in Zwangsarbeit verwandeln.
Die Definition von Zwangsarbeit besagt, dass einer Person unter Androhung einer Strafe und ohne ihre Zustimmung Arbeiten oder Dienstleistungen abverlangt werden. Im Falle von Migrierenden ohne Papiere kann die besondere Situation der Abhängigkeit und Verletzlichkeit jedoch einen besonderen Einfluss auf die Definition der Freiwilligkeit haben.
In der Rechtssache Chowdury fällte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein wegweisendes Urteil zu dieser Frage. Der Fall betraf 42 Arbeitsmigrierende auf einer Erdbeerfarm in Griechenland, denen nach mehreren Monaten Arbeit unter minderwertigen Bedingungen der Lohn verweigert worden war. Der EGMR befand, dass dies sowohl den Tatbestand der „Zwangs- oder Pflichtarbeit“ als auch des „Menschenhandels“ erfüllt.
Seit den 1980er Jahren und der Finanzialisierung der Wirtschaft haben uns die Akteure der Finanzwirtschaft gelehrt, dass sich hinter jeder Gesetzeslücke eine kurzfristige Gewinnmöglichkeit verbirgt. All das und mehr diskutieren wir mit unseren Investigativ-Journalisten Stefano Valentino und Giorgio Michalopoulos. Sie haben für Voxeurop die dunklen Seiten der grünen Finanzwelt aufgedeckt und wurden für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet.
Veranstaltung ansehen >
Diskutieren Sie mit
Ich werde Mitglied, um Kommentare zu übersetzen und Diskussionsbeiträge zu leisten