Deutschland musste alle gespeicherten Telefonverbindungsdaten seiner Bürger löschen © Presseurop

Berlin löscht, EU schöpft

Das deutsche Verfassungsgericht hat am 2. März verfügt, alle im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung gehorteten Daten zu löschen. Dabei hätte es die EU-Richtlinie zum Kampf gegen den Terrorismus attackieren müssen. Denn sie macht die Datensammlung erst möglich, meint die Süddeutsche Zeitung.

Veröffentlicht am 3 März 2010
Deutschland musste alle gespeicherten Telefonverbindungsdaten seiner Bürger löschen © Presseurop

DasUrteil klagt, das Urteil warnt, das Urteil droht. Das Urteil verwirft die bisherigen deutschen Regeln für die Vorratsdatenspeicherung. Es befiehlt, die auf der Basis des bisherigen Gesetzes gespeicherten Daten sofort wegzuwerfen.

Die Verfassungsrichter formulieren neue Regeln. Überhaupt: Das Verfassungsgericht hält die ganze Sammelei von Telekommunikationsdaten auf Vorrat für suspekt. Es sei dies, so die Richter, ein "schwerer Eingriff" in die Bürgerrechte, "mit einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt".

Das Urteil weiß und beschreibt sehr gut, was passieren kann, wenn alle Telefon- und Internet-Daten von allen Bürgern sechs Monate lang gespeichert und zum staatlichen Abruf bereitgehalten werden. Das Urteil weiß, was drohen kann, wenn ausgewertet wird, wer wann mit wem, wie oft und von wo aus E-Mails und SMS-Botschaften geschickt oder telefoniert hat. Die Speicherung all dieser Daten ermöglicht "die Erstellung aussagekräftiger Persönlichkeits- und Bewegungsprofile praktisch jeden Bürgers". Bei der Auswertung der umfassend gespeicherten Kommunikationsbeziehungen kann auch schnell festgestellt werden, wer in einer Gruppe von Atom-, Windkraft- oder Kriegsgegnern, von protestierenden Milchbauern, von demonstrierenden Neonazis oder Antifaschisten welche Rolle spielt, wer Vordenker, Logistiker, Organisator oder Mitläufer ist. Zum Originalartikelvon Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung...

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