Russisch-ukrainische Grenze
Hinter dem „europäischen Schutzwall“ entlang der russisch-ukrainischen Grenze, in der Nähe von Kharkiv (Osten der Ukraine).

Europas neue Mauer

Veröffentlicht am 13 November 2014
Arseniy Yatsenyuk  | Hinter dem „europäischen Schutzwall“ entlang der russisch-ukrainischen Grenze, in der Nähe von Kharkiv (Osten der Ukraine).

Fünfundzwanzig Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer entsteht eine neue physische und militarisierte Grenze. Sie entsteht entlang ideologischer und politischer Trennlinien und wird angeblich von der Europäischen Union finanziert.

The Daily Beast berichtet über ein Projekt der ukrainischen Regierung, an ihrer Ostgrenze eine 2000 km lange Mauer zu bauen.

Zumindest theoretisch würde sie Moskau draußen und Sezessionisten drinnen halten. Die Verteidigungslinien sollen aus einer Stahlwand bestehen, dazu Wachtürme, Gräben für Soldaten und ein mit Stacheldraht bewehrtes Niemandsland entlang der langen Grenze zwischen den beiden Ländern.

Der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk nennt die Mauer „die Ostgrenze der Europäischen Union“ und argumentiert: „Niemand wird uns Visafreiheit mit der EU gewähren, wenn es keine Grenze gibt“, [schreibt die ukrainische Nachrichten-Website Censor.net] (http://en.censor.net.ua/photo_news/307197/yatsenyuk_visited_construction_site_of_the_wall_on_russian_federation_border_this_is_our_protection).

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The Daily Beast zitiert Jazenjuk, der behauptet, „dass die EU bereits 20 Millionen US-Dollar [16 Millionen Euro]“ für das Projekt beiseitegelegt habe und sagt, der Kiewer Bürgermeister Wladimir Klitschko habe sogar –

bei seinem Besuch in Berlin Anfang des Monats schon Deutschland um Unterstützung und Fachkräfte für den Bau der Mauer gebeten. Seine ungewöhnliche Anfrage sorgte in Deutschland für Verwunderung, denn dort hat man sehr schlechte Erinnerungen an die Berliner Mauer

Die Ironie der Anfrage bemerkte auch der britische Dramatiker David Edgar, der [in der Zeitung The Guardian] (http://www.theguardian.com/commentisfree/2014/nov/05/25-years-on-berlin-wall-far-right) über die europäische Politik 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer nachdenkt und argumentiert, dass eine –

neue politische Verwerfungslinie zwischen einer sozialliberalen, urbanen Elite, die freie Märkte befürwortet, und einer immer stärker sozialkonservativen, aber immer noch am Sozialstaat festhaltenden Arbeiterklasse in der Ukraine erstmals während der Orangenen Revolution 2004 entstand, als Viktor Janukowitsch die manipulierte Wahl „gewann“. Anfang 2014, bei der Wiederholung dieses Aufstandes, gelangten die faschistische Svoboda und Parteien des rechten Sektors in die postrevolutionäre Regierung. Nun hat Präsident Petro Poroschenko Pläne angekündigt, eine Mauer entlang der Ostgrenze der Ukraine zu Russland zu bauen, die über zehn Mal so viel kosten soll wie der aktuelle Verteidigungshaushalt des Landes – und bauen sollen sie die Deutschen.

Deutsche Übersetzung von Heike Kurtz, DVÜD

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