Tschechischer Präsident Václav Klaus (links) und österreichischer Präsident Heinz Fischer.

Er liebt mich, er liebt mich nicht

Der tscheche Václav Klaus und der österreichische Präsident Heinz Fischer mögen noch so viele nationale Ehrungen austauschen. Die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarstaaten bleiben komplex, schreibt Zbyněk Petráček.

Veröffentlicht am 22 Mai 2009
Tschechischer Präsident Václav Klaus (links) und österreichischer Präsident Heinz Fischer.

Zu keinem unserer europäischen Freunde ist das Verhältnis so problematisch wie zu Österreich. Das könnte daran liegen, dass sich Tschechen und Österreich mehr ähneln als ihnen vielleicht lieb ist. Der aus Tschechien stammende Politiker Karel Schwarzenberg, der den größten Teil seines Lebens in Österreich verbrachte, verpasst keine Gelegenheit, dieses Klischee zu zitieren. Aber haben Sie nicht bemerkt, wie sehr sich das Verhältnis zwischen der tschechischen Republik und Österreich in den letzten Jahren verbessert hat? Eher nicht, denn es ist schwierig ein solches Thema auf die Titelseiten zu bringen. Es rückt nur bei emotional sensiblen Fragen wie der österreichischen Auszeichnung von Václav Klaus oder dem Vertrag von Lissabon in den Vordergrund.

Der österreichische Präsident Heinz Fischer begibt sich nach Prag, um mit dem weißen Löwen ausgezeichnet zu werden. Demnach müsste Präsident Klaus natürlich auch die höchste österreichische Auszeichnung erhalten! Und wenn Sie nicht verstehen, warum sich die österreichischen und tschechischen Staatschefs nicht gegenseitig honorieren sollten, müssen Sie zehn Jahre zurück gehen.

Die tschechische Republik beendet den Bau des Atomkraftwerks Temelín, ohne auf die österreichischen Proteste zu achten. Nach den Parlamentswahlen tritt die Partei des Populisten Haider in die Regierung ein. Als die Staaten der Europäischen Union diplomatische Sanktionen gegen Wien ankündigen, stimmt Prag übereifrig zu. Haider verlangt sofort ein Referendum, um den Beitritt Tschechiens in die Europäische Union an die Schließung des Atomkraftwerks in Temelín zu binden. Der damalige tschechische Premierminister Miloš Zeman bezeichnet daraufhin die Österreicher als Dummköpfe.

Selbst jene, die nicht an den Fortschritt glauben, müssen zugeben, dass dies alles lange der Vergangenheit angehört. Warum also stört die an Klaus verliehene Auszeichnung so viele österreichische Medien? Weil Klaus, so schreibt Der Standard, nichts unversucht lasse, die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon zu blockieren. Die Zeitung behauptet weiter, dass die Nicht-Ratifizierung eines europäischen Vertrages durch einen Mitgliedsstaat mit zweifelhaften Methoden zum ersten Mal Konsequenzen für die gesamte Europäische Union hätte. Sie vergisst dabei zu erwähnen, dass auch die deutschen und polnischen Unterschriften noch auf sich warten lassen. Demokratische Entscheidungen, die die Mehrheitsmeinung widerspiegeln, müssen respektiert werden, liest man in den Salzburger Nachrichten. Dann wäre es aber auch angebracht, das klare Nein der Mehrheit der Iren zu akzeptieren.

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Der Vertrag von Lissabon wird zur Waffe, um das Feuer der Unstimmigkeiten weiter anzuschüren. Sicherlich hat Klaus mehr Feinde als Freunde, aber ihn beispielsweise des Hochverrats zu beschuldigen, dürfte ja wohl unsere Angelegenheit bleiben. Europa könnte besser gedient werden, als durch jene Berichterstattung, die andeutet, dass die an Klaus verliehene Auszeichnung in Brüssel als österreichische Beihilfe zur Blockade des Vertrages verstanden werden könnte.

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