Zu dumm fürs Referendum?

Der ESM gehört dazu, und der Fiskalpakt auch: Sollten die ganz großen politischen Entscheidungen eines Landes dem Wähler zur Abstimmung vorgelegt werden? — In Wien, das seit Monaten über mehr Transparenz und direkte Demokratie debattiert, bremst die Politik mit beiden Füßen.

Veröffentlicht am 10 Juli 2012

Er wäre ja nicht Heinz Fischer, hätte er nicht zur Frage „Mehr direkte Demokratie?“ mindestens zwei Meinungen. Der Bundespräsident konnte sich in der „Pressestunde am Sonntag“ durchaus vorstellen, das Volk in Zukunft stärker in wichtige Entscheidungen einzubinden.

So wie er sich ebenso gut vorstellen kann, dagegen zu sein. Ein Mehr an direkter Demokratie dürfe nämlich nicht zu einer Ausschaltung des Nationalrats führen. Tief besorgt zeigt sich der Bundespräsident auch darüber, dass im Zuge eines verstärkten Einsatzes von Volksabstimmungen Probleme „boulevardisiert“ werden könnten. Komplexe Sachverhalte wie der Fiskalpakt und die Installierung des permanenten Rettungsschirms ESM wären deshalb auch nichts für Volksentscheide. Weil deren Darstellung eben zu volkstümlich ausfallen könne.

Das ist interessant. Nahezu zeitgleich forderte nämlich Fischers Amtskollege Joachim Gauck die deutsche Kanzlerin Angela Merkel eindringlich auf, den Leuten die umstrittenen Maßnahmen zur Eurorettung doch einmal genau zu erklären. Damit die Wähler auch verstünden, was da auf sie zukommt. Womit Herr Gauck natürlich völlig recht hat. Hinter dem Rücken der Wähler ist eine Entscheidung von dieser Tragweite auch nicht zu machen. Zumindest nicht, wenn man verhindern will, dass die Bürger scharenweise in das Lager der erbitterten EU-Gegner überlaufen.

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