Im Sommer geöffnet

Veröffentlicht am 6 August 2010
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Wer hat hier vom Sommerloch geredet? In Italien könnte eine große politische Krise zu vorgezogenen Neuwahlen im Herbst führen; Frankreich hat unauffällig das umstrittene Gesetz Hadopi gegen illegales Downloaden verabschiedet und der deutsche Wirtschaftsminister wagt sich an Berliner Immigrationsprinzipien und denkt darüber nach, wie man qualifizierte Facharbeiter ins Land holen kann, während man in Bukarest den rumänischen Emigranten nahelegt, bloß nicht zurück ins Land zu kommen, weil nicht genug Geld da sei, um ihre Rente oder Arbeitslosengeld zu zahlen.

In Brüssel sitzt man auch nicht untätig herum. So ist quasi unter völliger Gleichgültigkeit der europäischen Presse, die nämlich im Urlaub ist, das verstärkte Kooperationsabkommen zur "Europäischen Scheidung" in Kraft getreten, durch das sich transnationale Paare das Land aussuchen können, nach dessen Regelungen ihre Scheidung vollzogen wird. Hierdurch sollen die Ehepartner in der schwächeren Position besser geschützt werden. Derzeit schließen sich 14 Länder (Deutschland, Österreich, Belgien, Bulgarien, Spanien, Frankreich, Ungarn, Italien, Lettland, Luxemburg, Malta, Portugal, Rumänien und Slowenien) der Maßnahme an, die seit fünf Jahren eingefroren war und ungefähr 13 Prozent der über eine Million Ehen betrifft, die jedes Jahr innerhalb der 27 aufgelöst werden. Wer will, der kann also.

Vor einigen Tagen hat es Eurostat ans Licht gebracht: Derzeit gibt es eine halbe Milliarde Europäer, und dies vor allem dank des Zuwachses durch die außer-europäischen Immigranten, die knappe vier Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Sie stellen aber 60 Prozent des jährlichen Bevölkerungszuwachses dar. Obwohl sie eine kostbare Quelle für die europäische Wirtschaft (und ihr Rentensystem) ausmachen, werden sie nur allzu häufig von Politikern, die der Demagogie anheim gefallen sind, als Wahlhebel benutzt. Daher drängt die Zeit, eine gemeinsame Regelung bezüglich der Immigration zu finden. Doch ist fraglich, ob die europäischen Politiker schon dazu bereit sind, eines ihrer Lieblingsspielzeuge aufzugeben?(sd)

Iulia Badea Guéritée

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