Das Ende des spanischen EU-Vorsitzes am 30. Juni und der Beginn des belgischen stellt in vielerlei Hinsicht einen Meilenstein dar. Denn tatsächlich ist es für einige Jahre das letzte Mal, dass ein "großes" Land des "harten Kerns" die Führung der EU inne hat – man muss bis 2014 auf die italienische Präsidentschaft warten, bis es wieder so weit ist. Bis dahin werden sich Ungarn, Polen, Dänemark, Zypern, Irland, Litauen und Griechenland abwechseln. Es gibt keinen Zweifel am europäische Engagement dieser Länder, aber ihre Fähigkeit – oder ihr Willen – die Angelegenheiten der Union zu beeinflussen, ist geringer als die der "großen" oder "alten".
Dies ist auch der Grund dafür, warum die spanische Präsidentschaft als letzte eine ehrgeizige (oder, wie einige sagen, unrealistische) Agenda vorlegen wollte: Einerseits, weil die Wirtschaftskrise gezeigt hat, dass äußere Umstände die Agenda der Präsidentschaft durcheinander bringen, ja, sie sogar bestimmen können; später wird man die Präsidentschaft beurteilen nach der Art, wie diese Geschehnisse gehandhabt worden sind. Andererseits, weil die belgische Präsidentschaft zwangsläufig von den langen und heiklen Verhandlungen zur belgischen Regierungsbildung geprägt sein wird.
Und trotzdem könnten diese Umstände für die Europäische Union ein Glücksfall sein: "Kleinere" Präsidentschaften werden eventuell weniger mit den neuen Institutionen wie der Ratspräsidentschaft und dem EU-Außenministerium aus dem Vertrag von Lissabon konkurrieren. Diese Konkurrenz ist zu häufig Ursache für Unklarheiten, wer in Brüssel wofür zuständig ist und ihr Ergebnis ist der geringe Einfluss der EU auf der internationalen Bühne. Der aus dem Amt scheidende belgische Ministerpräsident Yves Leterme hat schon angekündigt, dass er den Europäischen Ratspräsidenten Herman Van Rompuy nicht in den Schatten stellen will (sein Vorgänger an der Spitze der belgischen Regierung). Jetzt muss man nur noch sehen, ob die anderen europäischen Staatschefs es ihm gleich tun werden und es möglich machen, dass der Vertrag von Lissabon, den man uns so teuer verkauft hat, endlich vollständig in die Tat umgesetzt wird. (sd)
Gian Paolo Accardo
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