Abhängig von Deutschlands Gnade

Die Staats- und Regierungschefs der Länder der Eurozone haben die griechische Schuldenlast erleichtert und den Betrag ihrer finanziellen Hilfen erhöht. Mit dem "Rettungspaket voller deutscher Panzer" geraten Griechenland und alle anderen Europäer unter Berlins Fuchtel, meint dagegen Eleftherotypia.

Veröffentlicht am 27 Oktober 2011 um 14:55

Nachdem über 80 Prozent der Abgeordneten Angela Merkel grünes Licht gegeben hatten, brach die Kanzlerin zum Gipfel nach Brüssel auf, um das griechische Problem zu lösen.

Nun stimmt die Entscheidung der EU-Spitzen aber fast in allen Punkten mit dem überein, was die Kanzlerin ihren Abgeordneten angekündigt hatte! Sie ist scheinbar einfach über das hinweggegangen, was die anderen europäischen Staats- und Regierungschefs untereinander besprochen hatten. So als gäbe es in Europa keinen anderen Spieler.

Natürlich weiß jeder, dass Deutschland Europas bester Spieler ist. Jedermann weiß, dass seine Meinung mehr zählt als die der anderen. Doch kann [Deutschland] nicht immer das letzte Wort haben. Schließlich gelten in der Politik nicht die gleichen Regeln wie im Fußball, wo "am Ende immer die Deutschen gewinnen", wie ein ehemaliger englischer Spieler es einst ausdrückte.

Die Deutschen machen, was sie wollen

Momentan sieht es aber vielmehr danach aus, als erleben wir das genaue Gegenteil. Während die Deutschen auf dem Fußballfeld nämlich ziemlich oft verlieren, schaffen sie es in Europa eigentlich immer, ihre Meinung durchzusetzen. Und niemand hindert sie wirklich daran. Selbst der französische Präsident wird von seiner eigenen Presse dafür kritisiert, die deutschen Ansichten zu teilen. Andere EU-Spitzen wie der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker sorgen sich um die deutsche Vormachtstellung. Aber all das nützt nichts. Kanzlerin Merkel macht, was sie will. Für Griechenland hat sie den Schuldenschnitt von 50 Prozent, sowie tiefgreifende Strukturreformen und die damit unweigerlich verbundenen Sparmaßnahmen durchgesetzt.

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Das ist die wirkliche Gegenleistung für das Schuldenschnitt-"Geschenk": Der Sparkurs. Auch wenn Merkel ihren Abgeordneten noch so oft erklärt, welch hohen "Respekt" sie vor den Opfern der Griechen hat, ändert das nichts an der Wirklichkeit des Sparkurses. Das gilt für Griechenland ebenso wie für die anderen Länder im Fadenkreuz, wie Italien, trotz aller Vorbehalte von Berlusconi.

Folglich sind Griechenland und die ganze Eurozone Deutschland ausgeliefert. Wenn wichtige Entscheidungen diskutiert und letztendlich von einem einzigen Land entschieden werden, das niemals nachgibt, legen die anderen zwangsläufig den Rückwärtsgang ein.

Wenn das so weitergeht und kein anderes Land auch einmal seine Meinung durchsetzen kann, dann kann Europa und ganz speziell den kleinen Ländern als den schwachen Gliedern der Kette nichts Gutes passieren. (j-h)

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