Pakt für den Euro

Berlin, Zahl- und Zuchtmeister

Veröffentlicht am 14 März 2011 um 15:42

Mit dem „Pakt für den Euro“ verpflichten sich die Eurozonen-Partner zu einer stärkeren Koordinierung ihrer Wirtschaftspolitik. Ohne ihn hätte es kein Ja aus Deutschland für jede Aufstockung des Rettungsschirms gegeben. Was das nun für die deutsche Führungsrolle bei der Rettung des Euro heißt, das ist Ansichtssache, siehe die Pressestimmen.

In der Tageszeitung ist das Urteil vernichtend. Das Berliner Blatt hält den „Pakt für den Euro“ für einen „Pakt gegen Merkel“, eine „Niederlage für die Kanzlerin“, die keine Gegenleistung für die Aufstockung des Rettungsschirmes bekam. Für die Berliner Zeitung ist der „deutsche Pakt für den Euro in seiner jetzt beschlossenen Form das unverbindlichste Stärkungsmittel für den Euro. Sein Sinn besteht vor allem darin, dem deutschen Publikum zu demonstrieren, dass die Bundesregierung schwachen Euro-Staaten Bedingungen stellen kann, bevor sie zahlt.

Grund genug, den Gipfel als Erfolg für die Bundeskanzlerin zu verbuchen, meint das Handelsblatt: „So ist Merkel nicht nur zur Zahl-, sondern vor allem auch zur Zuchtmeisterin der Währungsunion geworden – eine schwierige politische Rolle. Einerseits gilt es, den finanziellen Einsatz für den Euro vor einem sehr skeptischen heimischen Publikum gut zu begründen. Andererseits ist zu bedenken, dass sich die europäischen Völker gar nicht gern vom großen Deutschland dominieren lassen. Die neue Führungsrolle in der Währungsunion wird Deutschland auf viele Jahre binden: Der größte Euro-Staat muss Vorbild sein.“

Das wird nicht einfach sein, glaubt man der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die in der „neuen Euro-Welt“ eine Übertragung des innerdeutschen Länderfinanzausgleichs auf die Eurozone sieht. „Es ist ziemlich gleichgültig, ob man das eine Haftungsgemeinschaft, eine Transferunion oder den Einstieg in eine Fiskalunion nennt. In Deutschland mag das schlecht und recht auch auf Dauer funktionieren. Für den Euro-Raum gilt das nicht. Wenn der deutsche Staatshaushalt mit einer dreistelligen Milliardensumme für den Euro-Raum einsteht, birgt das jenseits aller ökonomischen Kritik politischen Sprengstoff. Die bislang ungebrochene Loyalität der Deutschen zu Europa steht vor einer Zerreißprobe.“

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Laut FAZ ließe sich eine sinnvolle Debatte führen über die Frage, ob die „hohen Bürgschaften nicht der Preis für die Vorteile [sind], die Deutschland von „Europa“ hat?“ Dafür müssten aber die Beschlüsse die Währungsunion auf eine solide ökonomische Grundlage stellen. „Das ist nicht der Fall. Die Unterschiede in der Wettbewerbsfähigkeit bleiben, die Europäische Zentralbank sitzt auf einem Berg fauler Staatspapiere, der Bankensektor ist nicht konsolidiert. Und damit sind nur einige der Schwierigkeiten genannt.“

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