Das Plakat der SPD

Die Reißer der SPD

Im Wahlkampf geben sich die Sozialdemokraten als Partei der sozialen Gerechtigkeit und ungewöhnlich streitsüchtig. Damit trafen sie nicht nur auf Erstaunen, sondern auf ebenso aggressive Kritik.

Veröffentlicht am 22 Mai 2009
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Das Plakat der SPD

Die ostentativ lieblose Photomontage eines Hais in Anzug und Krawatte macht in Deutschland Furore. Das Plakat zeigt den greinenden Kopf des aus dem "Weißen Hai" entsprungenen Biestes auf einem Menschentorso in weißem Hemd mit fliederfarbenem Schlips. "Finanzhaie würden FDP wählen", mit diesem Slogan wollte die SPD eigentlich ihrer Kampagne für die Europawahl Schwung geben. Sie zog sich jedoch nur Kritik zu, nicht nur von ihren getroffenen, potentiellen Koalitionspartnern, sondern auch von einer erstaunten Presse. Denn das Plakat mit dem liberalen Biest ist Teil einer Wahlkampagne, die auf anderen Plakaten behauptet, dass "das Sozialdumping CDU" und "die Linke heiße Luft" wählen würde.

Prompt klagt Die Weltan: Die SPD verwende Nazi-Metaphorik. "Eigentlich hätte die Ungeziefermetaphorik nach Joseph Goebbels aus dem Wortschatz demokratischer Parteien und Institutionen verschwunden sein müssen. Seit die SPD-Wähler die Partei für die Schröder'sche Reformpolitik abstrafen, verlegt sich auch ein eher pragmatischer Politiker (...) weniger auf das Herausstreichen eigener Stärken denn auf das Schaffen von Feindbildern. (...) Doch die Krise der politischen Linken spiegelt sich auch in ihrer schwindenden Sensibilität im Umgang mit den eigenen rhetorischen und ästhetischen Standards. (...) Die Wähler der FDP werden als Raubtiere mit blitzenden Zähnen vorgestellt", spottet die Zeitung.

"Nun mag man wahrlich niemandem im Willy-Brandt-Haus ein faschistisches Menschenbild (...) vorwerfen, dennoch stellt sich die Frage, wie so etwas einer Partei unterlaufen kann, aus deren Reihen unzählige Genossen in KZs ermordet, von der Nazipropaganda in den Selbstmord getrieben oder außer Landes gejagt worden sind. Welche kulturellen Defizite und historischen Wissenslücken tun sich hier auf?"

Der Spiegel gibt schließlich den Jungen Liberalen das Wort, die per Internet reagieren. So "twitterte ein Mitglied der Thüringer Jungliberalen (...) ein weitgehend leeres Wahlplakat mit dem Slogan: 'Niemand wird SPD wählen.' Ein weiterer FDP-Abgeordneter hat auf Nachfrage einen eigenen Spruch parat: 'Nur mein Kurzzeitgedächtnis würde SPD wählen', (...) - eine passende Fotomontage dazu gebe es allerdings noch nicht."

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