Großbritannien war "lange Zeit ein Verweigerer in Sachen europäischer Zusammenarbeit in Justizfragen und Inneren Angelegenheiten", hat aber nun Verhandlungen zur Europäischen Ermittlungsanordnung (EEA) zugestimmt berichtet der EUobserver. Großbritanniens Innenministerin Teresa May hat den umstrittenen Richtlinienvorschlag begeistert aufgenommen, der ausländischen Polizeikräften das Recht zuspricht, von der britischen Polizei die Suche nach Verdächtigen in Großbritannien einzufordern und Beweismaterial bereit zu stellen. Sie nannte es ein "unschätzbares Mittel" im Kampf gegen grenzübergreifende Kriminalität.
Die Webseite aus Brüssel merkt an, dass Bürgerrechtsgruppen über die Entwicklung alles andere als glücklich sind und darauf hinweisen, dass der derzeitige Gesetzesvorschlag vorherige Abmachungen aufhebt, die auf Territorialitäten und "doppelter Kriminalität" basierten – zum Beispiel "dass eine Handlung, für die man Informationen einholen möchte, in beiden Staaten ein strafbares Verbrechen darstellen muss."
Der EUobs erklärt, dass "dies nun bedeutet, dass eine Handlung, die in dem Mitgliedsland legal ist, in dem sie begangen wurde, Kritikern zufolge Körper-, Haus und Gewerbedurchsuchungen, Finanznachforschungen und einige Arten von verdeckter Beobachtung nach sich ziehen könnte, wenn ihre Handlung unter dem Recht eines anderen Mitgliedlandes als Verbrechen gilt."
Fair Trials International zufolge sind die "Vorschläge zudem völlig einseitig. Wenn jemand unter Verdacht stehst, hat er kein Recht, Informationen von der Polizei aus Übersee einzufordern, die beweisen, dass er unschuldig ist." Die Menschenrechts-Stiftung prognostiziert ein europaweites Szenario, in dem ungenügend geschützte persönliche Informationen der Bürger – wie zum Beispiel Aufnahmen abgehörter Gespräche, Bankunterlagen oder DNA – vom einen zum anderen geschoben werden und die einzelstaatliche Polizei "machtlos ist, Informationsanfragen zu verweigern".
Die Europäische Kommission wird in zwei Monaten ihre Meinung zu der vorgelegten Richtlinie bekannt geben. Bis dahin bietet der EUobserver ein provokatives Beispiel an, wie die möglichen Rechtsvorschriften genutzt werden könnten. Während die Holocaustleugnung in Deutschland und 12 anderen EU-Staaten gesetzeswidrig ist, stellt sie in Großbritannien, Schweden und Spanien kein Verbrechen dar. "So könnte der EIO theoretisch von Deutschland gegen jemanden verwendet werden, der den Holocaust in einem Land verleugnet hat, in dem dies absolut legal ist." (sd)